„Dreckschleuder“ Moorburg kommt

In Hamburg-Moorburg darf Vattenfall das größte Steinkohlekraftwerk Deutschlands errichten. CDU-Senat genehmigte gestern Abend den umstrittenen Bau. Die Anlage erhöht Hamburgs Ausstoß an Kohlendioxid um 40 Prozent

Der Klimakiller in Moorburg darf gebaut werden. Zu ungewöhnlich später Stunde, gestern nach Einbruch der Dunkelheit, traten Bürgermeister Ole von Beust, Umwelt-Staatsrätin Herlind Gundelach (beide CDU) und die Vattenfall-Vorständler Hans-Jürgen Cramer und Reinhard Hassa im Hamburger Rathaus zu einer eiligst einberufenen Pressekonferenz ins Scheinwerferlicht. Und teilten mit, dass im Hafen das mit 1.650 Megawatt größte Steinkohlekraftwerk Deutschlands errichtet werden darf.

In dem gestern mit der Stadt geschlossenen Vertrag verpflichtet sich Vattenfall, durch zusätzliche Wärmeauskopplungen den Wirkungsgrad von knapp 50 auf 62 Prozent zu erhöhen und die Fernwärmekapazität deutlich zu steigern. Die Gesamtinvestition beträgt rund 1,4 Milliarden Euro.

Noch Ende September hatte CDU-Umweltsenator Axel Gedaschko im Parlament versichert, das Kraftwerk sei in der von Vattenfall beantragten Form „politisch nicht gewollt“. Schließlich will er in vier Wochen eine verschärfte Klimaschutzverordnung erlassen, die vor allem Privathaushalte zur deutlichen Verminderung ihres CO2-Ausstoßes bewegen soll.

Moorburg aber wird mit rund 8,5 Millionen Tonnen CO2 jährlich allein soviel emittieren wie der gesamte Straßenverkehr in Hamburg. Um 40 Prozent wird das von Umweltschützern nur „Dreckschleuder“ genannte Kraftwerk, das 2012 in Betrieb gehen soll, die Emissionen an Kohlendioxid in der Stadt erhöhen.

Neben dem Klima-Argument hatten Kritiker Ende September im öffentlichen Anhörungsverfahren viele weitere Einwände vorgebracht, etwa den erhöhten Ausstoß von Feinstaub und Schwermetallen. Zudem will Vattenfall will bis zu 64 Kubikmeter Wasser in der Sekunde aus der Elbe pumpen. Damit würde sechsmal mehr Süderelbwasser durch Kühlsysteme geleitet als heute. Bei mittlerem Niedrigwasserabfluss würde fast die Hälfte des Süderelbestroms durch solche Anlagen fließen. Nach Ansicht der staatlichen Wassergütestelle Elbe könnte das fatale Folgen für das Plankton und die Fischlarven haben.

Mitte Oktober hatte ein Bündnis aus sämtlichen Umweltschutzverbänden der Bürgerschaft eine Petition mit rund 12.000 Unterschriften gegen das geplante Kraftwerk übergeben. Deshalb wird das Parlament in einer öffentlichen Anhörung die Bedenken der Kritiker erörtern müssen. Ein Termin dafür steht noch nicht fest. Die Anhörung hat keine aufschiebende Wirkung. Sven-Michael Veit