piwik no script img

Katrin Bettina Müller schaut sich in den Galerien von Berlin um

Ein Fisch, ein Kehrbesen, ein Stoffballen: Sie haben eine weite Reise durch Zeit und Raum zurückgelegt, bis sie in der Ausstellung „Ulica Nova“ von Ulrike Grossarth in der Galerie Zwinger zu einer zarten Projektion auf der Wand werden. Die Zeichen kommen und vergehen, einige verbinden sich in den farbigen Zeichnungen Grossarths mit anderen emblematischen Figuren. Der Kehrbesen und die Stoffballen, sie stammen von alten Ladenschildern aus dem einstigen jüdischen Textilviertel im polnischen Lublin und sind der Berliner Künstlerin in Fotografien aus den 30er Jahren von Stefan Kielsznia begegnet. Diesen Fotografien und mehr noch dem untergegangenen Leben, das sie vergegenwärtigen, baut Grossarth eine Brücke in ihrer Ausstellung. Aber das ist nur der eine, der erklärbare Aspekt ihrer Ästhetik, die gerade auch von den nichterklärbaren Kombinationen der Zeichen und Muster lebt. In der Galerie Zwinger, die es im Dezember seit 25 Jahren geben wird, ist sie dabei seit deren Anfängen in Kreuzberg. Die neuen Räume der Galerie liegen in Schöneberg, nah am U-Bahnhof Yorckstraße.

Um Stoffe und den weiblichen Körper geht es auch in den Porträts, die der Fotograf Thomas Hauser in der Galerie Laura Mars unter dem seltsamen Titel „Künstlerinnen“ zeigt. Seltsam, weil man von keiner der Frauen erraten kann, welche Kunst sie ausübt, und nichts in den Bildern der Repräsentation eines Berufs entspricht. Manche der Fotografierten tragen nur Unterwäsche, alle sitzen etwas ungemütlich Modell, Posen ist die Sache der meisten nicht. Ein seltsames Changieren zwischen Aktbild, professionellem Porträt und privatem Freundschaftsbild zeichnet Hausers Bilder aus und eine Nähe, die mal als Zudringlichkeit, mal als Mutprobe betrachtet werden kann. Und einem damit den Akt des Anschauens unvermutet bewusst machen.

■ Ulrike Grossarth: Ulica Nova“ bis 17. Dezember, Di–Sa 12–18 Uhr, Galerie Zwinger, Mansteinstraße 5, 10997 Berlin ■ Thomas Hauser: Künstlerinnen; bis 10. Dezember, Di–Fr 13–19 Uhr, Sa 12–16 Uhr, Laura Mars GRP, Sorauer Str. 3, 10997 Berlin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen