Wachstum, Wachstum über alles

Für die „Wachstumsdimension Wertschöpfung“ fordert die Handelskammer von der Politik, in den nächsten vier Jahren 69 Punkte zu erfüllen. Der Ausbau von Hafen und Straßen steht ganz oben an

Von Sven-Michael Veit

Mit dem Ja des Hamburger Senats zum Bau des Vattenfall-Kohlekraftwerks in Moorburg ist die Handelskammer vollauf zufrieden. Das sei eine „notwendige und kluge Entscheidung für Arbeitsplätze und Umweltschutz“ gewesen, hatte sie in einer ersten Reaktion mitgeteilt (siehe Seite 21). Doch als Kammerpräses Karl-Joachim Dreyer und sein Hauptgeschäftsführer gestern Mittag im Rathaus vor die Presse traten, hatten sie noch 69 weitere Punkte zu Papier gebracht, die sie von der Politik gern erfüllt sähen.

Primäres Ziel müsse es sein, Hamburgs „Wachstumskurs fortzusetzen“ und die Stadt auf mittlere Sicht „in die Spitzengruppe europäischer Metropolen zu führen“, sagte Dreyer. Zu den Anliegen der Wirtschaft zählten eine deutliche Erhöhung der Investitionsquote im Hamburger Haushalt und ein verbesserter Technologietransfer zwischen Wirtschaft und Wissenschaft.

Wie immer kurz vor Wahlen redeten die beiden Spitzenrepräsentanten der Handelskammer, die sich als Vertretung von rund 140.000 per Gesetz zur Mitgliedschaft gezwungenen Unternehmen versteht, auch gestern Klartext.

Ihr „Standpunktepapier“ für die Jahre 2008 bis 2012 enthalte „die Forderungen der Hamburger Wirtschaft an die Bürgerschaft und den Senat“ in der kommenden Legislaturperiode. Und klar sei, dass die Kammer nur für wählbar hält, wer diesen Forderungen nachzukommen gedenkt.

Ganz oben auf dem Wunschzettel steht „die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens“. Der Ausbau der Containerterminals sei ebenso unverzichtbar wie die „schnellstmögliche Fahrrinnenanpassung der Unterelbe“. Zudem müsse die Hafenquerspange als Ost-West-Verbindung wischen den beiden Autobahnen A 7 und A 255 her und die Kapazität der Hafenbahn erweitert werden.

Wünschenswert findet die Handelskammer auch einen Autobahnring um Hamburg. Die A 20 von Lübeck nach Stade nordwestlich um Hamburg herum und mit einem Elbtunnel bei Glückstadt „muss realisiert werden“. Und als Pendant im Osten wäre die A 21 zwischen Bargteheide und Lüneburg mit einer Elbbrücke bei Geesthacht eine wundervolle Ergänzung.

Die wichtigste Forderung der Kammer in dem Themenfeld, das sie als Stadtentwicklungspolitik begreift, ist die nach weiterem Flächenfraß. „Mindestens 100 Hektar“ an erschlossenen Industrie- und Gewerbeflächen habe die Stadt „ständig vorzuhalten“, begehrt die Kammer. Nur so könne „die Wachstumsdimension Wertschöpfung“ auf Dauer gesichert werden. Zudem müsse vor Ort „verbindliches Baurecht auch gegen mögliche Widerstände von Einzelinteressen politisch durchgesetzt werden“.

Energiepreise sollten „marktgerecht“ sein, fordert die Kammer, und Umweltvorgaben der EU sollten nicht noch verschärft werden. In der Bildungspolitik erwartet sie auf allen Ebenen von der Vorschule über das Gymnasium und die Hochschulen bis hin zu Forschungsinstituten mehr Eigenverantwortlichkeit und höhere Leistungsfähigkeit.

Außerdem hätte die Kammer gern noch weitere „Leuchtturmprojekte“ für die „Kulturmetropole Hamburg“ und auch für die „Sportstadt“. Eine Weltmeisterschaft im Triathlon kürzlich sei ja schön und gut, aber „vom Status einer führenden Sportmetropole ist Hamburg noch ein gutes Stück entfernt“, mahnt die Handelskammer. Doch Präses Dreyer weiß selbstredend Rat: „Die Bewerbung um Olympische Sommerspiele muss fortgesetzt und intensiviert werden.“