Befreiungstheologie

KELLER-GOSPEL The Dad Horse Experience trägt die frohe Botschaft in die Welt hinaus: Punk und Gospel sind kein Widerspruch!

Johnny Cashs „American Recordings“ haben in mir einen Schlüssel umgedreht

Dad Horse

von Andreas Schnell

Gospel heißt: die frohe Botschaft, das Evangelium. Diese Botschaft wird seit jeher auf unterschiedlichste Weise verbreitet. Gospel, das ist auch ein musikalisches Genre, das sich im Dienste seiner Sache mit den Zeiten wandelt. Beides scheint vergessen, wenn The Dad Horse Experience auf der Bühne steht.

The Dad Horse Experience sind die Ein-Mann-Band des Bremer Künstlers und Musikers, der sich Dad Horse nennt. Der Musiker hat für seine Musik das Etikett „Keller-Gospel“ geprägt. Das erinnert ein wenig an Zeiten, als er in einer Band namens Junge Union mit Baseball-Schlägern auf mikrofonierten Einkaufswagen herumdrosch, damals, als noch Häuser besetzt wurden, auch in Bremen Nord, wo Ottn aufwuchs.

„Keller-Gospel“ ist aber auch eine durchaus spirituelle Musik. Gospel, aber auf die dreckige Tour, Ekstase eher im Geiste von Hank Williams, der angeblich den Song „I Saw The Light“ schrieb, nachdem er nachts an einem hell erleuchteten Flughafen vorbeigefahren war. Ottn sieht sich auch keineswegs als christlicher Musiker, nennt seinen Gospel „freigeistig“ und fühlt sich keiner Religion zugehörig. Dass Jesus in vielen Songs auftaucht, erklärt er mit seiner abendländischen Sozialisation. „Mir geht es um die persönliche Beziehung zwischen Mensch und Gott“, erklärt er. Und ergänzt: „Das befreiende Element ist das Interessante daran.“

Die Wandlung vom Punk zum Gospel-Musiker war Bestandteil eines Prozesses, über dessen genauere Umstände der Musiker nicht gern spricht, „Drogenmissbrauch, Alkohol und Abstürze“ spielen dabei aber eine Rolle. Damals stieß er auf Johnny Cashs legendäre „American Recordings“. „Die haben in mir einen Schlüssel umgedreht“, sagt Dad.

Country als Genre interessiere ihn dabei „nicht die Bohne“. „Was mich interessiert, ist die einfache Struktur und die Seele, wie sie die Musik von Hank Williams und der Carter Family hat. Die finde ich in zeitgenössischer Pop-Musik nicht.“ Der direkte Ausdruck ist wichtiger als Fingerfertigkeit, die Aufnahmequalität seiner Alben ist das, was man Lo-Fi nennt. Auch wenn das letzte Album, „Dead Dog On A Highway“, vergleichsweise gut produziert klingt. „Ich wollte einfach wissen, ob ich das kann. Das nächste Album mache ich vielleicht mit dem Kassettenrekorder im Badezimmer.“

Keine Frage: Ein bisschen Punk ist der Mann geblieben, „Do It Yourself“ heißt die Devise. Das Banjo-Spiel hat er sich autodidaktisch angeeignet, seine Konzerte bucht er selbst, rund 100 sind es im Jahr. Mittlerweile nicht nur in Europa. Im Dezember geht es nach Australien, in den USA war er auch schon. Jetzt beginnt die nächste Tour, zum ersten Mal mit Schlagzeuger. Es bleibt spannend.

■ Mittwoch, 20 Uhr, Lagerhaus