: Der Terror kehrt in den Sahelstaat zurück
MALI Fünf Tote bei einem Anschlag in der Hauptstadt Bamako, Raketen auf das Camp der UNO in Kidal: Radikale Islamisten melden sich zurück. Die unklare Lage im Norden bedroht die Stabilität des Landes
VON DOMINIC JOHNSON
BERLIN taz | Zwei Jahre nach der französischen Militärintervention gegen radikale Islamisten in Mali hat die Hauptstadt des Sahelstaates ihren bisher schwersten Terroranschlag erlebt. Fünf Menschen starben und etwa zehn wurden verletzt, als ein Bewaffneter in der Nacht zum Samstag in die bei Europäern beliebte Bar „La Terrasse“ in der malischen Hauptstadt Bamako eindrang und das Feuer eröffnete. Drei der Toten sind Malier, dazu kommen ein Franzose und ein belgischer Sicherheitsbeamter der EU-Mission. Unter den Verletzten sind zwei Schweizer Soldaten sowie mehrere internationale Mitarbeiter der UN-Mission.
In der Nacht zum Sonntag bekannte sich die Islamistengruppe al-Mourabitoun zu dem Anschlag. Die „Almoraviden“ unter Leitung des schon mehrfach totgesagten Algeriers Mokhtar Belmokhtar sind die im Sommer 2013 gegründete Nachfolgeorganisation der „Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika“ (Mujao), eines der Hauptziele der französischen Militärintervention in Mali Anfang 2013. Der Anschlag in Bamako erfolgt zwei Jahre nach den heftigsten Kämpfen zwischen Frankreichs Armee und der damaligen Mujao.
Ein Franzose, der sich in der Bar befand, berichtete gegenüber französischen Medien, der Anschlag habe sich „nach Mitternacht“ ereignet. Der Angreifer habe vor der Tür auf der Straße Granaten geworfen, aber das habe wohl keiner gemerkt. So sei er in den ersten Stock gegangen, der voller tanzender und vermutlich angetrunkener Weißer war, und habe dort mit seinem Sturmgewehr in die Menge gehalten. Danach sei er im Auto eines wartenden Komplizen weggefahren.
Der Anschlag macht deutlich, dass die radikalen Islamisten, die Malis Nordhälfte vom Frühjahr 2012 bis zum Eingreifen der Franzosen 2013 beherrschten, keinesfalls so besiegt sind, wie es Frankreich glauben machen will. Anschläge und Überfälle im Norden Malis haben in den letzten Monaten wieder zugenommen. Am Sonntag wurde das UN-Blauhelmlager in der nordostmalischen Stadt Kidal von Unbekannten mit Raketen beschossen; es gab nach UN-Angaben mindestens drei Tote.
In Bamako hatte es bisher keine Gewaltakte gegeben. Präsident Ibrahim Boubacar Keita hatte jedoch in Januar den Zorn von Islamisten und Konservativen auf sich gezogen, als er als einziger afrikanischer Präsident in Paris bei der Trauerkundgebung für die Charlie-Hebdo-Karikaturisten in der ersten Reihe der Staatschefs mitmarschiert war. Deutlich wird nun aber auch, dass die ungeklärte Zukunft Nord-Malis die Stabilität des ganzen Landes bedroht.
Bei der Vertreibung der Islamisten durch die Franzosen hatten nordmalische Tuareg-Rebellen eine entscheidende Rolle gespielt. Malis Regierung kontrolliert den Norden des Landes bis heute nicht vollständig. Verhandlungen mit den Tuareg-Rebellen über eine stärkere Autonomie für Nord-Mali, das die Tuareg „Azawad“ nennen, laufen seit Monaten in Algerien. Am 1. März paraphierte die malische Regierung in Algier einen Abkommensentwurf, der die Bildung einer Region „Azawad“ mit eigener Regierung und weitgehenden Autonomierechten vorsieht. Aber die Zustimmung der Tuareg-Gruppen steht noch aus, während in Bamako bereits nationalistische Oppositionsgruppen gegen den „Ausverkauf“ des Nordens mobilisieren.
Mit dem neuen Anschlag dürften jene radikalen Gruppen Auftrieb erhalten, die jede Konzession der Regierung als Nachgiebigkeit gegenüber Terroristen ablehnen und fordern, die Bevölkerung möge ihre Sicherheit in die eigenen Hände nehmen. Am Samstagabend wurde bekannt, zwei „Terroristen“ seien in der Stadt Gao von einer Selbstverteidigungsmiliz gelyncht und lebendig verbrannt worden.