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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Aufgerissene Schubladen

■ betr.: „Neulich in der Tussy Lounge“, taz vom 7. 3. 15

Vielleicht ist da ja bei mir was schiefgelaufen und ich habe es nicht mitgekriegt, aber nach drei Seiten Lesen in der Frauentaz, war ich so ermüdet, dass ich mir auch weiteres Zappen durch das zehnstündige Geschehen erspart habe. Ich hatte tatsächlich so etwas wie ein interessantes Gespräch erwartet. Dieses Permanentfeuerwerk von Schlagwörtern und die hastig aufgerissenen Schubladen haben mich auf jeden Fall nur eines: vollkommen abgetörnt!HILDEGARD MEIER, Köln

Wahnsinn stoppen. Endgültig

■ betr.: „Vorwurf: Kein kritischer Geist“, taz vom 6. 3. 15

Wenn eine Kommission eingesetzt wird, die prüfen soll, ob es gut ist, wie Investitionen in Infrastruktur durch private Investoren zu realisieren sind, diese Kommission dann aber maßgeblich mit den Parteien besetzt wird, die sich bei solchen PPP-Vorhaben die Taschen füllen, steht das Ergebnis schon vorher fest, zumal kompetente Institute und Stellen, die solche Vorhaben durchleuchtet und durchgerechnet haben, gar nicht erst eingeladen wurden.

Wie soll ein PPP unter dem Strich für Staat und Bürger günstiger werden, wenn zum Beispiel die großen Versicherungskonzerne als Kapitalgeber eine Mindestverzinsung von 4,7 Prozent haben wollen, während sich der Staat für knapp über 0 Prozent das Geld leihen könnte? Das Einzige, was mit solchen PPP-Vorhaben erreicht wird: Es werden noch mehr Gelder von unten nach oben umverteilt. Wer viel hat, dem wird noch mehr gegeben, weil am Ende für den Unterhalt der Einrichtungen der Steuerzahler geradestehen muss.

Kein einziges PPP-Modell hat bisher am Ende eine Einsparung für den Steuerzahler erbracht. Dieser Wahnsinn muss gestoppt werden. Endgültig. STEFAN BLUEMER, Mülheim an der Ruhr

Spekulativer Wert

■ betr.: „Billige Schätze“, taz vom 28. 2. 15

Das Erzbistum Köln wendet seit Jahren die Maßgaben des deutschen Handelsgesetzbuchs (HGB) an. Unsere Bilanz folgt freiwillig diesen Regeln und erklärt detailliert, wie die Wertansätze der vorhandenen Vermögenswerte gebildet wurden. Das gilt für die kirchlichen Immobilien ebenso wie für die Beteiligungen. Die Bewertungsgrundsätze des HGB sind bekannt – und anerkannt. Gleichwohl stört es den Autor, dass der nach HGB bilanzierte Wert der Beteiligung an der Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft nicht einem möglichen Marktwert entspricht. Die Bilanz der Aachener ist kein Geheimnis, sondern im Bundesanzeiger nachzulesen, und wir haben die durchschnittliche Wohnungsgröße (65 qm) und den Mietzins (5,66 Euro) genannt. So kann sich jeder ein Werturteil bilden. Für das Erzbistum Köln ist ein solcher spekulativer Wert aber irrelevant. Denn seine Beteiligungen stehen ebenso wenig zum Verkauf wie das Kulturerbe des Kölner Doms.

Das Erzbistum Köln ist transparent in seinem Vermögen und den Verpflichtungen, die diesem Vermögen gegenüberstehen. Dies ist Sinn und Zweck einer Bilanz. Welchen zusätzlichen Nutzen die Aufaddierung obskurer Wertansätze für Kunstgüter, angeblicher stiller Reserven von Kirchen und anderer vermeintlicher Reichtümer bringt, bleibt ein Geheimnis. So sagt der Beitrag wenig über die Kirche, aber viel über die Geldfixierung jener, die sich nicht vorstellen können, dass man Werte auch anders definieren kann als in Geld. HERMANN J. SCHON, Finanzdirektor, Erzbistum Köln

Pharmafirmen profitieren

■ betr.: „Impfung bedeutet Schutz“, taz vom 9. 3. 15

Heike Haarhoff hat einen affirmativen Artikel geschrieben. Gewissermaßen hat sie nicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, sondern ungefiltert sauberes und weniger sauberes Wasser in die Wanne eingelassen.

„Wären Impfstoffe unwirksam, machte die Pharmaindustrie ein … schlechtes Geschäft“. Eine Begründung für diese gewagte Behauptung bleibt Haarhoff schuldig. Tatsächlich ist es so, dass die meisten Personen, die sich beispielsweise gegen Grippe impfen lassen, eben nicht von der Impfung profitieren. Einfach zusammengefasst: Die Impfung ist umso sinnvoller, je älter und kränker ein Mensch ist. Die Pharmafirmen profitieren aber von jeder verabreichten Impfdosis.

„Ungeimpfte Kinder (können) schwere … Komplikationen bis hin zum Tod erleiden.“ Das stimmt für die Masern. Bei der Impfung gegen Windpocken verdichten sich die Hinweise, dass Geimpfte später eher an schwerer Gürtelrose leiden werden als Ungeimpfte.

Ein Schutz der HPV-Impfung vor Gebärmutterhalskrebs ist weiter nicht erbracht. Unklar, ob die Impfung gegen Rotaviren mehr Kinder vor Austrocknen infolge von Durchfall schützt, als eine Darmverschlingung zu bekommen. Fraglich, ob wirklich sämtliche Kinder eines Jahrgangs gegen Krankheiten geimpft werden sollen, an denen nicht zehn im Jahr versterben. Wir wissen nicht, ob die regelmäßigen Auffrischungen gegen Tetanus und Diphtherie nötig sind usw.

Eine wie im Artikel dargestellte undifferenzierte Befürwortung von Impfungen generell (ich bin kein Impfgegner!) droht eher dazu zu führen, skeptische Menschen in das Lager undifferenzierter Impfgegner zu treiben – und damit die Teilnahme an sinnvollen Impfungen wie der gegen Masern zu schwächen.GÜNTHER EGIDI, Arzt für Allgemeinmedizin, Bremen