Kritik am „Kindle“

Amazon will mit seinem E-Lesegerät den Pressemarkt umkrempeln. Doch das Wunderding hat seine Macken

Die Menge war durchaus begeistert: Wie sonst nur Apple-Chef Steve Jobs bei der Vorstellung des nächsten hippen Musikspielers ließ sich Amazon-Boss Jeff Bezos am Montag im noblen New Yorker „W“-Hotel feiern. Der Anlass war die Vorstellung des E-Book-Readers „Kindle“, mit dem der größte E-Commerce-Konzern der Welt nicht weniger als das Zeitungs- und Verlagsgeschäft revolutionieren möchte.

Ausgestattet mit sogenannter elektronischer Tinte, soll die Ablesequalität bei der von Papier liegen, obwohl das Gerät 200 komplette Buchtitel fasst. Und sich per Abo – Einzelpreis bis zu 15 Dollar im Monat – unter anderem New York Times, Wall Street Journal, aber auch FAZ und Le Monde empfangen lassen.

Allerdings könnte der Durchmarsch schwieriger werden, als von dem Unternehmen gedacht. Nachdem inzwischen die technischen Details vorliegen, gibt es in Experten- und Bloggerkreisen einiges an Kritik. Der Hauptärger dreht sich dabei um das proprietäre Format, das Amazon nutzt: Der Kindle versteht sich nämlich nur auf Bücher, die das Internet-Handelshaus selbst vertreibt, statt etwa auf das inzwischen weit verbreitete PDF-Format zu setzen. Das heißt: Bereits vorhandene elektronische Titel muss der Nutzer neu erwerben. Sollte Amazon den Kindle einstellen, sind die gekauften elektronischen Bücher dafür plötzlich wertlos.

Auf Unverständnis stößt der Konzern bei Kritikern auch mit seiner weiteren Preisgestaltung. Mit 9,90 Dollar sind einzelne Bücher zwar verhältnismäßig günstig. Dafür langt Amazon an anderer Stelle zu: Will man im Internet kostenlose Blogs auf dem Gerät lesen, kostet das bis zu zwei Dollar im Monat – obwohl die eingebaute Web-Software die Internet-Seiten nur eingeschränkt darstellt.

Kritik gibt es auch an der Zeitungsfunktion. Denn auch hier entspricht die Darstellung nicht dem Original, sodass man sich recht mühsam von Artikel zu Artikel hangeln muss. Auch soll die Lesequalität nicht ganz so gut sein, wie von Amazon behauptet: „Wie Papier ist der Bildschirm nicht“, schreibt der Fachdienst Paid Content. Uneingeschränktes Lob erhält Amazon allerdings für eine andere Innovation: Der Kindle wird über das Mobilfunknetz im US- Gebiet mit Inhalten versorgt, ohne dass der Kunde dafür auch noch zahlen müsste. BEN SCHWAN