Leise-Sprecherin für den Umweltschutz

Typisch, sie geht ohne Streit – Angelika Zahrnt hat neun Jahre lang den Umweltverband BUND geführt. Nun hört sie auf, sie verabschiedet sich schlicht in Rente. Die größte Frage, die die 63-Jährige hinterlässt: Wie kämpferisch muss die Umweltbewegung heute sein?

Angelika Zahrnt, einst SPD-Mitglied, hat diese Frage für sich beantwortet: Sie hat die Nähe zur Macht gesucht, war sogar Teil von ihr. Die promovierte Volkswirtin sitzt im Nachhaltigkeitsrat der Bundesregierung. Sie ist als Beraterin gefragt. Am Dienstag hatte sie ihren letzten kleinen Auftritt als BUND-Chefin. Sie hat in der Berliner Bundespressekonferenz über die ersten zwei Jahre der großen Koalition geredet – in ihrer besonderen Art.

Zahrnt, Haare silbrig grau, lässt nichts aus. Kampf gegen Klimawandel: „Die Ziele sind gut, die Maßnahmen reichen wohl nicht aus.“ Artenschutz: „Die Biodiversitätsstrategie ist ein wichtiger Schritt.“ Oder Verkehrswende: Der zuständige Minister „Tiefensee ist ein absoluter Negativposten“. Alles in allem, so sagt sie, sei das eine „doch recht kritische Bilanz“.

So macht sie das immer. Sie spricht, die Lippen schmal, ganz unaufgeregt. Zahrnt – in ihrem türkisblauen Rollkragenpulli und graumelierten Blazer – sie wäre eine perfekte Nachrichtensprecherin.

Leute aus ihrem Umfeld sagen, Zahrnts Stärke sei nicht der Angriff, sondern die Argumentation. Sie selbst sieht ihre Rolle so: „Wir wollen nicht nur gegen die Politik der Bundesregierung kämpfen, sondern sie auch unterstützen.“ So nimmt sie in Kauf, dass sie zwar als kompetent gilt, für manchen aber als zu zahm. Für Thilo Bode etwa, Ex-Greenpeace-Chef und heute Leiter der Verbraucherorganisation Foodwatch. Er wirft Zahrnt vor, der Konfrontation mit der Politik auszuweichen – auch weil sie Exumweltminister Jürgen Trittin zum Beispiel duzt. Bode sitzt häufiger in Talkshows, Angelika Zahrnt seltener.

Dabei leitet sie einen der größten Umweltverbände Deutschlands. Zahrnt repräsentiert 2.000 Kreis- und Ortsgruppen, die Kröten über die Straße helfen oder gegen den Bau von Kohlekraftwerken protestieren. Der mediale Radau aber gehört nicht zu Zahrnts BUND.

Ihre Erfolge? „Wir haben Genpflanzen verhindert und Klimawandel bewusst gemacht,“ sagt sie. Ihr Problem: Die Zahl der BUND-Unterstützer stagniert seit Jahren bei 400.000. Zahrnt hat die Massen nicht bewegt. In den Neunzigern zogen Öko-Parolen allerdings auch einfach nicht. Erst mit der Erwärmung des Planeten ändert sich das jetzt wieder. Zahrnts Nachfolger ist noch nicht bestimmt. Er dürfte aber nur wenig Mühe haben, radikaler zu wirken. HANNA GERSMANN