Erst die Mieter, dann die Politik

Berliner sollen über die Mietenpolitik entscheiden

VON UWE RADA

Eine Mieterin am Kottbusser Tor, so stand es gestern in dieser Zeitung, zahlt für eine Einzimmerwohnung 403 Euro. Im sozialen Wohnungsbau. Was ist daran sozial? Was ist sozial daran, wenn die Politik auf Neubau setzt, die günstigsten Einstiegsmieten aber bei 6,50 Euro kalt liegen? Wie sozial ist also die Mietenpolitik in Berlin?

Zeug zum Dauerbrenner

Die Berlinerinnen und Berliner können diese Frage bald selbst beantworten. Gestern hat ein Bündnis einen Gesetzentwurf vorgestellt, der das Zeug zum politischen Dauerbrenner hat, auch wenn seine Überschrift etwas sperrig klingt: „Gesetz über die Neuausrichtung der sozialen Wohnraumversorgung in Berlin“. Dahinter verbirgt sich aber eine konsequente Kursänderung der Berliner Mietenpolitik.

Die Liste der ungelösten Probleme ist lang. Zwar hat der Senat ein Wohnraumgesetz beschlossen und ein Mietenkonzept für die Großsiedlungen. Doch noch immer sind die Mieten im sozialen Wohnungsbau höher als der Mietspiegel. Die Forderung des „Mieten-Volksentscheids“ lautet Rekommunalisierung. Was das kosten wird, ist noch unklar. Die Debatte aber ist eröffnet. Eröffnet von politischen Initiativen wie Kotti und Co und nicht von der Politik. Kann man noch deutlicher machen, warum es einen solchen Volksentscheid braucht?

Dennoch sind Zweifel angebracht. Seit einiger Zeit versucht der Senat, die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften wieder auf ihre sozialen Ziele einzuschwören. Sie jetzt in ihrer Rechtsform umzubauen, würde das Erreichte infrage stellen – und die Gesellschaften womöglich über Jahre handlungsunfähig machen.

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