OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

In Deutschland wurde Nanni Moretti vor allem mit seinen inszenierten Dokumentationen „Liebes Tagebuch“ und „Aprile“ bekannt, in denen er auf amüsante Weise Privates mit Beruflichem verquickte und zudem eine doch recht bittere Bestandsaufnahme der politischen und sozialen Spannungen im Italien der 1990er-Jahre schuf. Denn Moretti verortet sich in der politischen Linken und sein Hauptfeind hieß während des letzten Jahrzehnts natürlich Berlusconi. In seinem Spielfilm „Der Italiener“ geht er den Medienzaren und ehemaligen Ministerpräsidenten Italiens direkt an und spinnt dazu eine Satire um den fiktiven Trashfilmproduzenten Bruno Bonomo (Silvio Orlando), der von einer Krise in die nächste stürzt. Seine Exploitationfilme taugen bestenfalls noch als Gute-Nacht-Geschichten für die Kinder, das kleine Studio steht kurz vor der Pfändung, und seine Frau will sich scheiden lassen. Eher zufällig gerät er an eine junge Autorin, die ihm ein Drehbuch über einen korrupten Medienmogul und Politiker aufschwatzt, dessen Tragweite der politisch uninteressierte Bruno zunächst gar nicht richtig versteht. Doch die Probleme, auf die er mit seinem neuen Projekt angesichts kuschender Fernsehanstalten, feiger Koproduzenten und abspringender Schauspieler auf einmal stößt, fordern seinen Ehrgeiz und sein Durchhaltevermögen heraus. Und während Trashfilmer Bonomo dergestalt im Alleingang die Ehre der italienischen Filmschaffenden wiederherstellt, erzählt Moretti nebenbei vom Aufstieg Berlusconis, der den Staat als Selbstbedienungsladen betrachtete.

In den 1920er und frühen 1930er Jahren gehörte der wohlbeleibte Kurt Gerron zu den vielbeschäftigten Charakterschauspielern seiner Zeit. Doch mit seinem Namen verbindet sich auch das traurigste Kapitel deutscher Filmgeschichte: Zwar emigrierte der jüdische Mime und Regisseur 1933 vor den Nazis nach Holland, doch nach dem Einmarsch der Deutschen wurde er ins KZ Theresienstadt deportiert. Dort zwang man ihn, über das vermeintliche „Muster-Lager“ einen Propagandafilm mit dem Titel „Der Führer schenkt den Juden eine Stadt“ zu drehen. Nach Beendigung der Dreharbeiten wurde er umgebracht. Die übermütige Musikkomödie „Ein toller Einfall“ (1932) führt jedoch zurück in glücklichere Zeiten und zeigt Kurt Gerron als einen Regisseur, der die Geschichte von der Umwandlung eines Herrenhauses in ein Hotel mit durchaus ungewöhnlichen Ideen gestaltete. LARS PENNING

„Der Italiener“. 26.–27. 11. im Filmmuseum Potsdam

„Ein toller Einfall“. 28. 11. in den Eva-Lichtspielen