Verlorener Tag
: Anus in Menthol

Wir nahmen den Ersatzbus in die falsche Richtung

Einige Dinge sind so unvermeidlich, dass man gar nicht erst versuchen muss, sich dagegen zu wehren – etwa der schwere Kater am Morgen, wenn die besten Freunde am Vortag zu Besuch gekommen sind. Mit Freund und Freundin unterwegs, beide aus Jugendzeiten bekannt, betreibt man die Kneipenkunde wie von selbst offensiver als ohnehin schon. Morgens dann springt einem mit dem Frühstückstoast gleich ein Kater größeren Ausmaßes entgegen.

So auch an diesem Samstag. „Kaffee!“, brüllte der Freund, wild gestikulierend: „Kaffee!“ Das war aus irgendeinem Film – ich fürchte, aus dem armseligen Streifen, in dem wir selbst die Protagonisten waren. Ich möchte nie im Leben eine Figur in einem Film sein, der Leute wie mich als Figur akzeptiert! Der Tag ging auch gleich damit los, dass das Klopapier alle war. Das wäre schon Grund genug gewesen, hinzuschmeißen, stattdessen nahm ich ein Mentholtaschentuch und legte Hand an. Zwar frisch, aber auch harter Stoff für den Anus. Ich zögerte nicht, das Problem Mentholrosette beim Frühstück zu thematisieren.

Der Freund, hämorrhoidenerfahren, war außer sich: „Bist du bescheuert! Keine Duftstoffe, nur Wasser und weiches Papier darf da dran!“ Capito. Wir frühstückten zwei Stunden. Dann: „Komm, fahren wir in den Treptower Park.“ Die Idee war gut, die S-Bahn noch nicht bereit: Schienenersatzverkehr – Herbstspaziergang also in weiter Ferne. Wir nahmen den Ersatzbus in die falsche Richtung. Die Sonne ging langsam unter. Schließlich landeten wir in Prenzlauer Berg.

„Komm, trinken wir einfach ’n Kaffee und geben auf.“ Akzeptierend, dass der Tag zu mehr als Kaffee und Menthol nicht taugte, latschten wir die Schönhauser runter. Aus dem Schaufenster des Erotikfachgeschäfts lachte mir Liebespuppe Romping Rosy entgegen, als wollte sie sagen: Wärst du mal im Bett geblieben.

JENS UTHOFF