Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Als am 6. April 1994 das Flugzeug des ruandischen Präsidenten Habyarimana kurz vor der Landung in Kigali von zwei Raketen getroffen wurde, war dies das Startsignal für einen der grausamsten Genozide in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Obwohl bis heute nicht geklärt ist, wer für das Attentat verantwortlich war, begannen bereits eine halbe Stunde darauf in Kigali die Morde an oppositionellen Hutu und prominenten Tutsi. Bis Mitte Juli wurden etwa eine Million Menschen ermordet. Maßgeblich an der Koordinierung des Massakers war der ruandische Radiosender Radio-Télévision Libre des Mille Collines (RTLM), der mehrmals am Tag den Aufruf verbreitete „Tod! Tod! Die Gräben sind erst zur Hälfte mit den Leichen der Tutsi gefüllt. Beeilt euch, sie ganz aufzufüllen!“ Schon vor Beginn des Massakers hatte der Sender den Völkermord wie eine Werbekampagne vorbereitet, zu dem dann das Attentat den willkommenen Startschuss lieferte. Unter der Überschrift „Hate Radio – Reenactment einer Sendung des ruandischen Völkermordradios RTLM“ hat das Künstler- und Forschungsnetzwerk „International Institute of Political Murder“ um Milo Rau nun einen semidokumentarischen Abend erarbeitet, der die mörderischen Vorgänge noch einmal erlebbar macht. Premiere ist im HAU 2.

Im HAU 1 untersucht ab Samstag die Choreografin Constanza Macras in ihrer neuen Arbeit „Here/After“ die zivilisatorischen Ursachen der meistdiagnostizierten Phobie der westlichen Welt, der Agoraphobie.

Sensibleren Zeitgenossen sei die Märchenhütte des Hexenkessel Hoftheaters am Monbijoupark ans Herz gelegt, die am vergangenen Wochenende ihre Spielzeit eröffnet hat. In seiner höchsteigenen versponnenen und den Menschen zugewandten Weise zeigt das Theater dort die Klassiker der Brüder Grimm.

■ Hate Radio: HAU 2, ab Donnerstag

■ Here/After: HAU 1, ab Samstag

■ Märchenhütte: Infos unter www.maerchenhuette.de