MUSIK

hört auf den Sound der Stadt

THOMAS MAUCH

Da ist oft so ein Heulen in diesen Liedern. Man weiß gar nicht recht, ob das nun einfach nur etwas in Bedrängnis geratene Engelschöre sind oder doch die Wölfe, die wie die Versuchung durch den Wald streunen. Vielleicht aber ist es auch nur der Wind, der böse um diese Blockhütten an Liedern pfeift, in denen es sich bereits Nick Cave und Johnny Cash gemütlich gemacht haben und von ihren Abenteuern raunen. So klamm gemütlich klingt es bei King Dude, der fürs bürgerliche Leben auf den Namen Thomas Jefferson Cowgill hört. Heute am Donnerstag stellt der Sänger aus Seattle mit der erstaunlich tiefen Stimme seine Gothic-Version von Americana-Musik in der Berghain-Kantine vor (Rüdersdorfer Str. 70, 21 Uhr, VVK: 12 €).

Vom Wind ist auch in der Musik von Huun-Huur-Tu zu hören, hier aber streicht er über die weite Steppe, und überhaupt öffnet sich diese Musik so ins Freie, dass man am liebsten gleich sein Pferd satteln möchte, um mitzureiten in diesen wehmütigen und steppenstreichelnden Melodien. Geht aber auch ohne Pferd. Man muss sich nur den Pferdekopfgeigen anvertrauen und dem Wunder des Kehlkopfgesangs von diesem Quartett aus der autonomen russischen Republik Tuwa, um seine Ruhe zu finden in dieser wirklich incredibly strange music, die von einem hohen Himmel und endlosen Weiten singt. Noch Ungeübte in diesem unbezäunten Land hören Huun-Huur-Tu einfach als Alternative-Country, am Freitag in der Passionskirche (Marheinekeplatz, 20 Uhr, 24 €).

Für eine ziemlich seltsame Musik war auch Dieter Roth, der umtriebige Aktionskünstler und Neo-Dadaist, gut, wie man es beispielsweise bei seinem Treffen mit Gerhard Rühm und Oswald Wiener im „Berliner Dichterworkshop“ im Jahr 1973 hören konnte: das ist ein berückendes Gebrummel und ein Röcheln, eine herrlich hingeschmatzte und rausgejuchzte Musik, wie sie in diesem spielerischen Gusto selbst die Radikalimprovisatoren der Free Jazzer in dieser Zeit nicht hinbekommen haben. An die musikalische Komponente im vielfach facettierten und sinneverwirrenden Werk von Roth (1930–1998) erinnert jetzt eine Ausstellung im Hamburger Bahnhof, betitelt „Und weg mit den Minuten“, die am Freitagabend eröffnet wird (Invalidenstr. 50/51, 20 Uhr).

Und noch ein Happen einfach Rockmusik: Wobei die Garagenrockeinheiten von The Dandy Warhols doch in schrill bunten Klamotten daherkommen und sich für das entsprechende psychedelische Glamgefühl auch in David Bowies nachgelassenen Plateaustiefeln zurechtfinden würden. Am Montag spielt die seit 1994 praktizierende Band aus Portland, Oregon, im Postbahnhof (Straße der Pariser Kommune 8, 20 Uhr, VVK: 23 €).