OFF-KINO

Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

In den 1970er Jahren gehörte der aus Karl-Marx-Stadt stammende Wolfgang Lötzsch zu den talentiertesten Radfahrern der DDR. Eine große Karriere machte er trotzdem nicht, denn ihm fehlte die „richtige“ Einstellung zum sozialistischen Staat: Weil der politisch uninteressierte und auf den Sport fixierte Radler nicht in die Partei eintrat, durfte er nur noch als Amateur in einer Betriebssportgruppe antreten. Doch Lötzsch gewann weiterhin Meisterschaften und Olympiaqualifikationen gegen seine geförderten Konkurrenten – was die Sportfunktionäre in Verlegenheit brachte: Bis zu fünfzig Stasi-IMs waren schließlich damit beschäftigt, den gradlinigen, ein wenig naiven Lötzsch zu Fall zu bringen. In ihrer Dokumentation „Sportsfreund Lötzsch“ (2007), die Interviews mit damaligen Protagonisten und kommentarlose Szenen aus Lötzschs heutigem Leben mit Archivmaterial und Zitaten aus Stasiakten verbindet, gelingt den Regisseuren Sascha Hilpert und Sandra Prechtel zweierlei: Zum einen porträtieren sie einen besessenen Sportler, der ganz wunderbar beschreiben kann, wie schön es ist, wenn die Konkurrenten bereits anfangen zu hecheln, während man selbst auf dem Rad noch dahinzufliegen scheint. Zum anderen ist die Doku auch das gespenstische Porträt eines paranoiden Staates (17. 3., Sputnik 1).

Als 1953 das neue Breitwandverfahren CinemaScope vorgestellt und im weiteren Verlauf der Jahre immer häufiger verwendet wurde, brachte dies für Regisseure, Kameraleute und Schauspieler eine nicht unbeträchtliche Veränderung ihrer Arbeitsbedingungen mit sich. Angesichts der Neuorganisation des filmischen Raums musste man sich neue Inszenierungs- und Montagestrategien einfallen lassen – was zunächst bedeutete, dass viele Regisseure das große Format wie eine Bühnenpräsentation nutzten. Aber natürlich geht es auch anders: In „River of No Return“ (1954) setzt Regisseur Otto Preminger einen einsamen Farmer (Robert Mitchum) auf der breiten Leinwand mit den Verlockungen und Gefahren der Natur in Beziehung und lässt ihn mit Marilyn Monroe eine aufregende Reise unternehmen, in deren Verlauf die beiden misstrauischen Menschen lernen, wie man die trennende Breite des Scope-Formats am besten überwindet. In Samuel Fullers schwarzweißem CinemaScope-Western „Forty Guns“ (1957) hingegen kann man überraschende Schnittfolgen bewundern, die einem direkt in die Magengrube fahren: Während eines Duells sieht ein betrunkener Raufbold nur noch die leinwandfüllenden Augen des entschlossen auf ihn zukommenden Gegners – und ist davon so irritiert, dass er sich ohne Gegenwehr niederschlagen lässt (River Of No Return (Om span. U) 14. 3., Forty Guns (OF) 15. 3., Arsenal 1).