MICHAEL BRAUN ZUM BUNGA-BUNGA-FREISPRUCH FÜR BERLUSCONI
: Im freien Fall

Silvio Berlusconis Enthusiasmus ist nur zu verständlich. Mit seinem Freispruch durch Italiens höchstes Gericht endet sein ganz persönlicher Alptraum, ihm könne eine mehrjährige Haftstrafe ins Haus stehen, wegen so unschöner Delikte wie Prostitution einer Minderjährigen und Nötigung im Amt. Zwar laufen noch zwei weitere Verfahren gegen ihn – aber das muss den Milliardär, der 20 Jahre lang Frontmann der italienischen Rechten war, nicht weiter beunruhigen. Denn bis zu weiteren letztinstanzlichen Urteilen wird es erfahrungsgemäß Jahre dauern.

Und schon kündigt Berlusconi an, er werde politisch „jetzt wieder aufs Feld gehen“, die Zügel seiner Partei Forza Italia (FI) wieder in die Hand nehmen und aus der Opposition heraus Druck auf Regierungschef Matteo Renzi machen. Doch ernsthaft fürchten muss sich Renzi nicht. Denn mit oder ohne Freispruch: Der politische Niedergang Berlusconis ist nicht mehr aufzuhalten. Dessen Partei wurde stets nur durch seine Person zusammengehalten. Das ging so lange, wie Berlusconi allen Erfolge, Posten, Macht versprechen konnte, wie er zudem mit seinem Schönwetter-Populismus („Eine Million neue Arbeitsplätze!“) die Wählerstimmen heranschaffte.

Aber jetzt ist Forza Italia im freien Fall – die Parteiflügel bekämpfen einander ohne Hemmung und vor allem, ohne den Führungsanspruch ihres alten Leitwolfs anzuerkennen. Die einen würden gerne den Sirenengesängen Renzis folgen und mit der Regierung paktieren, die anderen fühlen sich angelockt vom rüden Oppositionskurs des „anderen Matteo“: Matteo Salvinis, des Chefs der Lega Nord. Der beherrscht den Schlechtwetter-Populismus auch („Raus aus dem Euro!“) und hat beste Chancen, zur neuen Führungsfigur der italienischen Rechten zu werden.

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