„Ich war völlig schockiert“

Der Fußball-Profi Charles Takyi vom FC St. Pauli engagiert sich in der Kampagne „Hamburg 2007 mal fair“ für einen gerechteren Kakaohandel. Im Interview erklärt der Deutsch-Ghanaer, was ihn dazu bewogen hat

CHARLES TAKYI, 23, kam vor einem Jahr vom HSV zum FC St. Pauli, wo er Ideengeber im offensiven Mittelfeld ist. Mehrere Erstligaclubs sollen Interesse an ihm bekundet haben.

INTERVIEW BIRGIT GÄRTNER

taz: Herr Takyi, was ist das Ziel von „Hamburg 2007 Mal Fair“?Charles Takyi: In dem Projekt geht es darum, auf die miserablen Bedingungen in der Kakaoproduktion aufmerksam zu machen und bei den Verbrauchern die Bereitschaft zu einem veränderten Konsumverhalten zu wecken, das heißt, zu erreichen, dass die Käufer bereit sind, auf Billigprodukte zu verzichten und für Qualität, also in erster Linie Lebensqualität der Menschen in den Anbaugebieten, ein bisschen mehr zu zahlen.

Wie ist das Projekt entstanden?

Initiiert wurde es im letzten Jahr unter anderem von der Gepa, dem Eine-Welt-Netzwerk und der Kirchengemeinde St. Pauli im Zusammenhang mit der Fußball-WM, damals noch als „Hamburg 2006 Mal Fair“. Damals standen fair gehandelte Fußbälle im Mittelpunkt, in diesem Jahr geht es um gerechten Handel mit Kakao.

Wie sieht das in der Praxis aus?

Es wird versucht, möglichst viele Menschen in die verschiedenen Aktivitäten einzubeziehen, die als „Agenten“ mit der „Lizenz zum Fair Naschen“ die Idee des Fairen Handels propagieren.

Wie wächst der Kakao?

Der Kakaobaum wächst ausschließlich in tropischen Breitengraden. Allein in Ghana, wo ich geboren wurde, werden etwa 20 Prozent des Rohkakaos für die hiesige Industrie angebaut. In Ghana und an der Elfenbeinküste leben 1,3 Millionen Familien vom Kakao-Anbau. Der Kakaobaum liebt es feucht-heiß, er gedeiht am besten bei Temperaturen von 25 bis 28 Grad. Weil er keine großen Ansprüche an Sonnenlicht stellt, wird er häufig unter Schattenbäumen gezogen oder in Mischkultur angebaut.

Wie sind die Arbeitsbedingungen?

Sehr schlecht. Die Menschen verdienen so wenig, dass die Kinder mitarbeiten müssen, um die Familien zu ernähren. Für die Kinder bedeutet das schwere körperliche Arbeit, zum Beispiel Säcke schleppen. Mit unserem Projekt möchten wir dafür sorgen, dass es dort künftig keine Kinderarbeit mehr gibt und die Kinder zur Schule gehen können. Das funktioniert aber nur, wenn die Verbraucher hier bereit sind, für Kakaoprodukte Preise zu zahlen, von denen die Produzenten und ihre Familien auch wirklich leben können.

Was ist der Unterschied zwischen konventionellem Kakaohandel und Fair Trade?

Am Beispiel der Kakaoprodukte will die Aktion „Hamburg 2007 mal fair“ auf die Ungerechtigkeiten im Welthandel hinweisen. Zahlreiche Veranstaltungen informieren schon seit Februar dieses Jahres über die Zusammenhänge von der Produktion bis zum Verzehr der süßen Ware. Die Initiatoren des Vereins Mobile Bildung suchen noch weitere Schoko-Agenten. Diese Agenten „mit der Lizenz zum Fairnaschen“ sollen die Idee von fair gehandelter Schokolade in ihrem persönlichen Bekanntenkreis verbreiten. Momentan gehen rund 200 Hamburger Kinder, Jugendliche und Erwachsene, ihrem „Auftrag“ als Schoko-Agenten nach und machen auf die faire Ware aufmerksam. Jeder kann ein solcher Agent werden, etwa mit der Organisation von Infoständen oder dem Verkauf im Schulkiosk – für die Kleinsten tut’s auch der Wunsch nach fairen Schoko-Weihnachtsmännern. Im Sommer 2008, nach Ende der Aktion, werden die Agenten mit den pfiffigsten Ideen ausgezeichnet. Termine und Bewerbungsunterlagen finden sich online unter: www.hamburg2007malfair.de. JDE

Beim Fairen Handel werden Mindestpreise festgelegt: Zusätzlich zu dem stark schwankenden Weltmarktpreis werden 150 US-Dollar pro Tonne gezahlt, bei Bio-Anbau sogar 200 US-Dollar pro Tonne. Damit werden soziale Standards finanziert, die Existenz der Produzenten gesichert und somit den Kindern eine gesicherte Zukunft ermöglicht.

Wo gibt es fair gehandelte Kakao-Produkte zu kaufen?

Die bekommen Sie in Bioläden, in Reformhäusern – und zunehmend in Supermärkten.

Wie kommt ein Profifußballer zu diesem Engagement?

Im Dezember 2006 war ich in Ghana und war völlig schockiert von den Lebensbedingungen dort. Ich wollte unbedingt was tun, um diese Zustände zu verbessern, die ja auch in anderen afrikanischen Ländern vorherrschen. Über persönliche Kontakte zur Kirchengemeinde in St. Pauli bin ich zu „Hamburg 2007 Mal Fair“ gekommen und als ich gefragt wurde, ob ich die Schirmherrschaft übernehmen möchte, habe ich gerne zugesagt.

Infos: www.charles-takyi.com und www.eine-welt-info.de