Gefilmte Gewalt

Mit versteckter Kamera ließ die ZGF filmen, wie Männer in der Öffentlichkeit ihre Frauen drangsalieren

„Alte Nutte“, schreit der Mann, „ich warte jetzt schon 13 Minuten auf dich, wo warst du?“ Die Frau duckt sich unter der Schimpftirade, entschuldigt sich, sie war doch nur einkaufen. Der Mann schmeißt daraufhin ihren Einkauf auf den Fußboden. Die Passanten, die die Szene an einem Samstag in der Lloydpassage beobachten, greifen erst ein, als der Mann der Frau in die Haare fasst und sie zu sich heranzieht. In dem Moment springt ein weiterer Mann hinzu, bedankt sich bei dem Eingreifer und erklärt ihm, es handele sich um „geheimes Theater“. Die Szene war gestellt und wurde mit versteckter Kamera aufgenommen.

„Wir wollen mit dem Film darauf aufmerksam machen, wie verbreitet Gewalt gegen Frauen ist“, sagt die Leiterin der Zentralen Gleichstellungsstelle, Ulrike Hauffe, die den Film in Auftrag gegeben hat. Und: Zum Nachdenken über das eigene Verhalten anregen. Er habe gedacht, „die wären verheiratet“, sagt einer der befragten Passanten auf die Frage, warum er nicht eingeschritten sei. Diese Aussage würde belegen, dass Gewalt in Beziehungen von vielen immer noch als privates Problem angesehen werde, so Hauffe. Einige Passanten forderten das Paar sogar auf, „zu Hause weiterzumachen“ oder „das draußen zu klären, nicht hier vor Publikum“.

Nicht zu sehen sind in den beiden Versionen – es gibt eine Kurzfassung von acht und eine Langfassung von 14 Minuten – wie der Mann angefeuert wurde. „Baller ihr doch eine, dann ist Ruhe“ hätte einer gerufen, erzählt die Schauspielerin Nomena Struß, die an dem Film mitgewirkt hat. Dreimal hätten sie und ihr Spielpartner die Szene in der Lloydpassage gespielt, jedes Mal griffen Passanten erst ein, als der Mann gewalttätig wurde. Viele hätten sich offenbar gestört gefühlt, beobachtete die Schauspielerin. „Ich war aber positiv überrascht, dass überhaupt jemand eingriff“, so Struß. Dennoch seien alle Beteiligten am Ende des Tages „fix und fertig“ gewesen, ihr Spielpartner habe sich abends die Jacke ausgezogen, „weil er sich so beschmutzt fühlte“.

Der Film kann bei der ZGF ausgeliehen werden, um beispielsweise mit Jugendlichen zu diskutieren. eib