heute in bremen
: „Ein Vorreiter ist er nicht gewesen“

In Bremen wird über die scheußlichen Eigenschaften von Bernhard Hoetger geredet

taz: Ihr Vortrag über den Bildhauer und Böttcherstraßen-Architekten Bernhard Hoetger (1874-1949) heißt „Freund, Förder, scheußlicher Kerl“. Inwiefern war er auch Letzteres?

Daniel Schreiber, Kurator: Das ist ein Zitat von Ludwig Roselius, seinem Mäzen und Freund. Letztendlich will er damit aber zeigen, was für ein starker und eigenwilliger Künstler er gewesen ist. Aber man kann durchaus auch über scheußliche Eigenschaften Hoetgers spekulieren.

Welche?

Künstler neigen ja immer zu einem gewissen Narzissmus. Den hatte er auch. Es geht ja in der Kunstwelt auch immer darum, zu zeigen, dass man selbst innovativ ist und die anderen nur abkupfern. Wobei nicht immer Hoetger derjenige war, der Neues aufzuweisen hatte.

Er hat selbst abgekupfert?

Ja, bei Auguste Rodin und Aristide Maillol zum Beispiel.

Was ist dann Hoetgers künstlerische Leistung gewesen?

Paula Modersohn-Becker hat ihm viel zu verdanken. Der damalige Direktor der Kunsthalle Bremen hat gesagt: Sein großer Vorteil war, dass er mit großer Begeisterung die Strömungen seiner Zeit aufgesogen hat. Ein Vorreiter aber ist er nicht gewesen.

Aufgesogen hat er aber auch den Nationalsozialismus.

Ich glaube aber nicht, dass das der Hebel ist, an dem man ihn auch künstlerisch bemessen kann. Er hat sich mehr als andere dem Dritten Reich angedient, war NSDAP-Mitglied, nordisch-germanisch gesonnen, und sah sich – wie viele andere expressionistische Künstler auch – als Vorkämpfer für die deutsche Idee. Er wurde aber jäh vom Nationalsozialismus zurückgestoßen. Fragen: Jan Zier

19 Uhr, Sparkasse Bremen, Am Brill