Das Tier und wir

KONFERENZ Die biologisch-dynamische Bewegung diskutierte, wie Landwirte „würdig mit den Tieren in die Zukunft“ gehen können. Möglichkeiten einer „Ethik des Schlachtens“ wurden dabei auch hinterfragt

Anfang und Ende des Tierlebens sollten so weit wie möglich innerhalb der Hofsphäre erfolgen

Von der Biene bis zum Bullen – Tiere erbringen in der Landwirtschaft eine beispiellose Leistung. Doch gerade eine nachhaltige Tierhaltung steht vor großen Herausforderungen, wenn es um Konzepte geht, die sowohl ethisch wie ökonomisch vertretbar sind. Denn die Nutzung von „Bruder Tier“ wird in der Öffentlichkeit immer öfter pauschal als Ausnutzung wahrgenommen, die gesellschaftliche Akzeptanz für Tierhaltung schwindet, was sich unter anderem im starken Trend zum Veganismus zeigt.

Unter dem Titel „Wie gehen wir würdig mit den Tieren in die Zukunft“ stellte sich Anfang Februar die internationale Jahreskonferenz der biologisch-dynamischen Bewegung diesem Problem. Mehr als 700 Landwirte und Gärtner von biodynamischen Höfen, Produzenten und Händler aus 37 Nationen kamen im Dornacher Goetheanum zusammen und diskutierte Fragen wie: Wie schaffen wir die 24-Stunden/7-Tage-Betreuung? Wie rechnet sich eine Kuhhaltung? Gibt es züchterische Möglichkeiten, eine Hofherde zu entwickeln? Welche Rolle spielt die Vogelwelt im Hoforganismus?

Mit Pflanzen alleine jedenfalls scheint das „Kulturbiotop“ namens Landwirtschaft nicht zu gelingen. Aus Sicht der biodynamischen BäuerInnen ist die Nutztierhaltung grundsätzlich unverzichtbar, Schwein, Rind oder Huhn dürfen auf einem organisch wirtschaftenden Hof nicht fehlen. Eher kommt es auf das Wie an. Die Berichte über den artgerechten Umgang reichten auf der Dornacher Tagung von einem Projekt in Äthiopien, das Kühe auf Rosenanbauflächen der Biokosmetik hält, über Weidewirtschaft als Schutz vor Desertifikation in Simbabwe bis zu zeitgemäßen Freilaufställen für Kühe in der Schweiz. Untersucht wurde auch die psychische Ebene des Mensch-Tier-Verhältnisses – von der Frage nach der Erkenntnis des Wesens der Tiere über das notwendige Empfinden ihrer Bedürfnisse bis zur verantwortungsvollen Begegnung zwischen Landwirt und Nutztier.

Besonderer Schwerpunkt der von der Sektion Landwirtschaft des Goetheanums organisierten Tagung wurde die Frage nach einer „Ethik des Schlachtens“. Einigkeit herrschte darüber, dass Anfang und Ende des Tierlebens so weit wie möglich innerhalb der Hofsphäre erfolgen sollten, um die Mitgeschöpfe nicht einer ebenso anonymen wie maschinellen Verwertung auszusetzen. Notwendig schien vielen Teilnehmern zugleich, in Anlehnung an überlieferte kulturelle und religiöse Rituale neue Formen zu finden, mit denen Tierhalter Abschied nehmen können. Der Respekt vor dem Tier habe nicht nur für die Würde der Tiere, sondern auch für die Würde der Menschen eine wichtige Bedeutung und dürfe nicht verloren gehen. AW