Helmut Lorchheim, Turmbläser
: Über den Dächern von Celle

HELMUT LORCHHEIM, 53, bewarb sich auf eine Zeitungsannonce hin als Turmbläser. Das war vor 22 Jahren. FOTO: DPA

220 Stufen, zweimal am Tag, hoch und wieder runter. Helmut Lorchheim macht das seit 22 Jahren. „Meine Höhe ist 50 Meter“, sagt er. Hoch genug für einen guten Blick über die Fachwerkhäuser von Celle. Bei gutem Wind könne man ihn drei Kilometer weit hören, sagt Lorchheim. Bei Windstille „sind mehr die betroffen, die unten stehen“.

Um 9.30 Uhr und um 17.30 Uhr bläst Lorchheim auf dem Turm der Stadtkirche St. Marien, was er „meine vier Strophen“ nennt. Es sind Kirchenlieder, vorgegeben vom Pfarrer, er spielt sie viermal, eine Strophe in jede Himmelsrichtung. Einmal, da hat er was anderes gespielt, „Einer geht noch“, es war eine spontane Aktion, inspiriert durch Passanten. Der Pfarrer fand das nicht lustig, sagt Lorchheim. „Er sagte, wir sollen miteinander arbeiten und nicht gegeneinander.“

Es ist nicht so, dass Helmut Lorchheim nichts anderes zu tun hätte, als Choräle auf dem Kirchturm zu blasen. Er arbeitet bei der Stadt, Straßenreinigung, „heute Morgen haben wir noch gestreut“. Lorchheim hat auch Familie, aber es ist halt so, dass seine vier Söhne alle Blechbläser sind, der älteste und der dritte spielen Zugposaune, der zweite und der vierte Trompete wie der Vater. An Weihnachten steigen sie alle zusammen auf den Turm und blasen „Stille Nacht“.

Am Anfang habe ihm das Treppensteigen nichts gemacht, sagt Lorchheim, inzwischen, mit 53, findet er es „beschwerlich“. Er schaut, dass er früher an der Stadtkirche ist, damit er mehr Zeit hat zum Hochsteigen und die Beine nicht so wehtun. Manchmal ist er nicht ganz pünktlich wegen des Verkehrs. Aber oben ist er immer.

Jeden Abend, sagt Lorchheim, nach dem Abendblasen, übt er zu Hause eine halbe Stunde für seinen „Ansatz“, damit die Lippen im Training bleiben. Trompete spielen ist anstrengend. Aufhören will er aber nicht, im Gegenteil. „Manche machen ja gar nichts mehr, wenn sie in Rente kommen, ich habe etwas zu tun“, sagt er.

Auch sein Arzt hat ihm geraten, weiterzumachen. Treppensteigen sei gesund. „Da können Sie noch von zehren.“ Andere joggen. Helmut Lorchheim steigt und bläst. WIE