Videos länger gespeichert

Unbemerkt hat die Koalition das Bundespolizeigesetz geändert. Opposition: Trickserei

BERLIN taz ■ Videoaufzeichnungen auf Bahnhöfen und Flughäfen dürfen künftig 30 statt bisher zwei Tage lang gespeichert werden, das hat der Bundestag bereits am 15. November mit den Stimmen der Koalition beschlossen. Bekannt wurde die entsprechende Änderung des Bundespolizeigesetzes aber erst am letzten Wochenende auf dem Grünen-Parteitag, als der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar darauf aufmerksam machte.

Ohne öffentliche und parlamentarische Debatte sei das Gesetz verabschiedet worden, sagte Schaar in Nürnberg. „Wenn dies Schule machen sollte, dann kann man wirklich Angst haben um die Zukunft der Grundrechte.“

Heftige Kritik am Zustandekommen des Gesetzes äußerte auch die Opposition. Nachdem der Gesetzentwurf ihr abends per Fax übermittelt wurde, sei er am nächsten Morgen im Innenausschuss ohne Erläuterung abgestimmt worden, sagte die grüne Innenexpertin Silke Stokar im Deutschlandfunk. In der Überschrift des Faxes sei es dabei um ein ganz anderes Verfahren gegangen, nämlich um die Übermittlung von Fluggastdaten. Tags darauf wurde das Gesetz nachts um zwei Uhr ohne Aussprache im Bundestag verabschiedet. „Das Parlament ist richtig reingelegt worden“, sagte Stokar. Die FDP-Abgeordnete Gisela Piltz sprach von einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“.

Zusätzliche Brisanz erhält die Vorgehensweise, weil Schwarz-Rot nur eine Woche zuvor die Vorratsdatenspeicherung im Bundestag verabschiedet hatte, mit der ab 2008 sämtliche Verbindungsdaten in der Telekommunikation gespeichert werden sollen. Berufsverbände und Datenschützer hatten dagegen heftig protestiert. In die gleiche Richtung stößt nun dieses Gesetz. Wieder wird die Speicherung – dieses Mal der Überwachungsvideos – damit begründet, dass Straftaten so aufgeklärt oder verhindert werden könnten. Die Maßnahme diene der öffentlichen Sicherheit, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, im Deutschlandfunk. Kritik der Opposition am Zustandekommen der Regelung wies er zurück. Keineswegs sei es beabsichtigt gewesen, eine öffentliche Debatte zu verhindern.

Für die Tagesordnung im Parlament ist der Ältestenrat des Bundestages zuständig. In seiner Zusammensetzung spiegelt der Ältestenrat die Fraktionsstärke im Bundestag – Rot-Schwarz hat also auch dort eine Mehrheit.

JAN PIEGSA