KOMMENTAR: KAI VON APPEN ÜBER DAS VERBOT DER HAMBURGER SALAFISTEN-KUNDGEBUNG
: Versammlungsrecht für alle

Das Verbot der Salafisten-Demo passt zum Mainstream, gefährdet aber Grundrechte

Der salafistische Spuk in Hamburg ist am Sonntag ausgeblieben. Eigentlich gut so, könnte man spontan sagen.

Zuerst hat die Polizei eine als Kindergeburtstag getarnte Veranstaltung unter dem Motto „Gala für die Ummah“ (Gemeinde der Gläubigen) in Hamburg-Jenfeld verboten, auf der die Hassprediger Pierre Vogel, Sven Lau und Abu Abdullah auftreten sollten. Die Begründung war vage: Der Polizei lägen Tatsachen vor, „aus denen sich ergibt, dass der Veranstalter oder sein Anhang Äußerungen dulden werden, die ein Verbrechen oder ein vom Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben“.

Als Reaktion meldete ein Mann für Sonntag eine Kundgebung auf dem Hamburger Rathausmarkt an. Auch die wurde verboten. Verwaltungs- und Oberverwaltungsgericht haben eine Klage gegen die Verbote zurückgewiesen. Nach Auffassung der Richter befürchtet die Polizei zu Recht, dass die Kundgebung eine Veranstaltung zur Unterstützung des Islamischen Staat (IS) ist. Und das sei strafbar, da der IS eine in Deutschland verbotene Vereinigung ist.

Auch wenn das gerichtlich bestätigte Verbot in den politischen Mainstream passt und viele es begrüßen werden, ist die Entwicklung dahinter gefährlich.

In der Vergangenheit haben die Behörden selbst bei Rechtsrock-Konzerten, wo der Aufruf zu rassistischen Straftaten deutlich zu hören war, selten zu Verboten gegriffen. Und wenn Prediger wie Vogel & Co. zu Straftaten aufrufen, können sie ja im Nachhinein strafrechtlich belangt werden.

Prognosen indes öffnen den Sicherheitsbehörden Tür und Tor, um mit vorgeblichen Tatsachen das Versammlungsrecht auszuhebeln. So könnte jede Kurdendemonstration verboten werden, weil dort jemand Sympathien für die in Deutschland immer noch verbotene Kurdische Arbeiterpartei (PKK) äußern könnte. Oder Demonstrationen, deren Teilnehmer zu Straftaten wie Hausbesetzungen aufrufen könnten.

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