DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Mutti hat doch keine Ahnung

WAS SAGT UNS DAS? Wenn Medien das „Internet der Dinge“ bebildern, zeigen sie immer wieder ein Produkt: Mother, ein Püppchen mit Sensoren

Weißer Körper, leuchtende Augen. Die Optik des mit dem Internet vernetzten Figürchens namens Mother zieht, zumindest medial. Reuters und andere Fotoagenturen nahmen sie schon Anfang 2014 in ihr Bildangebot auf, so schaffte es die Matroschka-ähnliche Figur immer wieder in diverse Zeitungen. Zu kaufen gibt es sie aber erst seit ein paar Tagen. Aber auch die „Tagesthemen“ haben im September zur Internationalen Funkausstellung über sie berichtet, haben vor ihr gewarnt, gesagt, sie habe eher den Namen der Big Mother, der Überwacherin, verdient.

Nein, das hat sie sicher nicht. Zwar zeichnet Mother die gelaufenen Schritte am Tag auf, kontrolliert den Kaffeekonsum oder zeigt, welche Haushaltsmitglied wann zu Hause ist – aber nur, wenn man Mother das alles auch erfassen lässt. Zudem gehören die aufgezeichneten Daten dem Nutzer ganz allein, beteuert der Hersteller Sense. Und selbst wenn nicht, hat der Nutzer allemal mehr Kontrolle über das System als über jedes Smartphone.

Trotzdem funktioniert Mother medial als Bösewicht. Denn sie gibt dem „Internet der Dinge“, der Vernetzung von Alltagsgegenständen mit dem Internet, ein Gesicht. Ein Gesicht mit im Dunkeln gruselig leuchtenden Augen.

Das bedeutet nicht, dass sich das Internet der Dinge nicht generell irgendwann zu einem gefährlichen Überwachungssystem entwickeln kann. Doch das Gefährlichste, was Mother einem zeigt, ist, dass die MitbewohnerInnen sich die Zähne länger putzen als man selbst.

SVENJA BEDNARCZYK