Die Berlin einen Kick geben will

Nach zehn rot-roten Jahren wird Berlin nun von einer großen Koalition regiert. Sybille von Obernitz ist die Überraschungsfrau der CDU für den neuen Senat: Die 49-jährige Parteilose, die bis dato die Bildungsabteilung beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) leitete, ist am Donnerstag als Wirtschaftssenatorin vereidigt worden. Berlin sei eine sagenhafte Stadt, schwärmte sie. Sie wolle ihren Beitrag dazu leisten, dass die Stadt auch die Wirtschaftskraft entfalte, die ihr entspreche. Hört sich gut an.

Berlin ist arm, aber sexy – dieser Ausspruch des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) hängt der Hauptstadt seit Jahren an. Vor allem junge Menschen aus der Kreativbranche zieht es nach Berlin. Seit einigen Jahren erlebt die Stadt einen Start-up-Boom. Damit, dass sich in absehbarer Zeit schwergewichtige Unternehmen ansiedeln, ist indes nicht zu rechnen. Die Sinnfrage des Wirtschaftssenators beantwortete ein Sprecher der IHK unlängst wie folgt: Es gehe darum, eine Willkommenskultur zu schaffen.

Ob von Obernitz mehr bringt als ihr Vorgänger Harald Wolf von der Linkspartei? Wolf hat keinen schlechten Job gemacht. Wie austauschbar die Positionen sind, machte ein Dialog zwischen Wolf und von Obernitz bei der Übergabe der Geschäfte am Freitag deutlich. Im rot-schwarzen Koalitionsvertrag „könnte vieles aus unserer Feder stammen“, lobte Wolf. Von Obernitz bedankte sich, in dem sie Wolf als jemanden beschrieb, der stets ein offenes Ohr für die Wirtschaft hatte.

Sybille von Obernitz wurde in Bayern geboren. In Freiburg und München hat sie Volkswirtschaft studiert, seit 1996 lebt sie in Berlin. Zunächst war sie bei der IHK als Referentin für Geschäftsführer und Präsident angestellt, später wechselte sie zum Dachverband DIHK. Dort war Bildung ihr Schwerpunkt.

Nach ihren Zielen gefragt, sagte von Obernitz in einem Zeitungsinterview, sie möchte einen Mentalitätskick anstoßen. „Wer sich zur Decke streckt, kommt damit auch weiter.“ Immerhin, in einem Punkt wurde sie konkret. Das Bild von Karl Marx, das Wolf im Büro hängen hatte, kommt weg.

PLUTONIA PLARRE