Notausgang aus dem Fehmarn-Tunnel

VERKEHR Wegen explodierender Kosten fordert der Bundesrechnungshof Neuverhandlungen über den Ostseetunnel zwischen Deutschland und Dänemark

Eine Kostensteigerung von „mindestens 120 Prozent bis 160 Prozent“ erwartet der Bundesrechnungshof für die Anbindung des geplanten Fehmarnbelt-Tunnels auf deutscher Seite. Zudem würden Verzögerungen von mehreren Jahren eintreten, deren Auswirkungen auf die Verkehrsströme und die Refinanzierung des Tunnels unklar seien, heißt es in einem Prüfbericht des Bundesrechnungshofes, welcher der taz vorliegt. Deshalb sollten Deutschland und Dänemark über das Projekt neu verhandeln, so die obersten Kassenprüfer der Nation.

Grundlage für die Fehmarnbelt-Querung ist ein deutsch-dänischer Staatsvertrag von 2008, in dem Dänemark sich verpflichtet, den etwa 19 Kilometer langen Straßen- und Schienentunnel auf eigene Kosten zu errichten. Dieser enthält in Artikel 22 eine Ausstiegsklausel, die unter anderem bei erheblichen Kostensteigerungen greift. Deutschland muss nur für den Ausbau zwischen der Insel Fehmarn und Lübeck aufkommen. Die Kosten für den Tunnel hat Dänemark im Februar von 5,5 auf mindestens 6,4 Milliarden Euro nach oben korrigieren müssen, die deutschen Kosten stiegen zeitgleich von 817 Millionen Euro auf mindestens 1,5 Milliarden Euro. Selbst das aber hält der Bundesrechnungshof nur für „Mindestangaben“.

Denn in den Berechnungen des Bundesverkehrsministeriums ist kein Ersatz für die marode Fehmarnsund-Brücke zwischen der Insel und dem deutschen Festland vorgesehen. Dieser schlüge mit bis zu 600 Millionen Euro zu Buche. Der Bundesrechnungshof, der bereits 2009 von Kosten von 1,7 Milliarden Euro ausgegangen war, kommt nun zu dem Fazit, dass selbst diese Summe „noch einmal erheblich überschritten wird“. Vom Verkehrsministerium erwartet er deshalb, bisherige Angaben zu präzisieren und „fehlende Informationen aufzubereiten“.

Die Zahlen des Verkehrsministeriums seien „nur die Spitze des Eisbergs“, rügt Schleswig-Holsteins grüner Bundestagsabgeordneter Konstantin von Notz. „Die Bundesregierung trickst, um die Querung zu retten“, eklatante Risiken für den Steuerzahler würden verschwiegen, kritisiert er.  SVEN-MICHAEL VEIT