Nie protestierten deutsche Bischöfe

betr.: „Selbsttötung als Gesellschaftskonzept“, taz vom 23. 11. 07

Es gab eine Zeit in Deutschland, die liegt noch kein Menschenalter zurück, da befanden der Staat und seine Justiz, dass „unwertes Leben“ nicht lebenswert sei. Die ärztlichen Standesorganisationen stimmten der Euthanasie zu und die „Götter in Weiß“ exekutierten. Sogar Bischof Galens Protest gegen die Vernichtung von physisch Kranken diente der katholischen wie protestantischen Glaubensrichtung mehr eigenen Interessen: nämlich Hitlers Religionspolitik und seine Verletzungen des Konkordats zu beklagen. Dagegen begehrte das deutsche Episkopat auf.

Aber nie protestierten die deutschen Bischöfe – auch Pastor Niemöller erst als er selbst im Konzentrationslager einsaß – gegen den Mord. Sie protestierten nicht gegen die massenhafte Verhaftung von Kommunisten und Sozialisten, nicht gegen die Deportation von Millionen Juden, auch nicht gegen Hitlers über Millionen von Leichen marschierende Wehrmacht, zumal ihnen dies im Osten hoch willkommen war. Und dass sie für die ab 1941 zu Tode geschundenen Juden nicht viel empfanden, versteht sich nach dem fast zweitausendjährigen christlichen Antijudaismus, den Hitler forderte, von selbst.

Im Rückblick auf diese Menschen verachtende und Menschen vernichtende Zeit in Deutschland sind die derzeitigen Kampagnen des Staates, der Kirchen und ärztlichen Standesorganisationen gegen den von todkranken Menschen gewählten Freitod in Verbindung mit dem Verlangen nach einem todbringenden Medikament der Gipfel der Heuchelei. KARL-HEINZ KLAIBER, Würzburg