Hannovers Diakonie schließt Altenheim aus

LOHNDRÜCKER Das Wichernstift in Ganderkesee hatte Tarifregelungen der Diakonie unterlaufen

Das Wichernstift hatte versucht, die Löhne im Altenheim zu drücken, um so eine Insolvenz zu vermeiden

Erstmals hat das Diakonische Werk der hannoverschen Landeskirche eine Mitgliedseinrichtung ausgeschlossen. Seit diesem Montag gehöre der umstrittene Verein Evangelisch-Lutherisches Wichernstift in Ganderkesee bei Bremen nicht mehr der Diakonie an, sagte der stellvertretende Direktor Jörg Antoine. Der Vereinsvorstand Jörg Emken sei per Fax informiert worden.

„Der Vereinsvorstand hat dem Ansehen von Kirche und Diakonie in der Öffentlichkeit geschadet“, sagte Antoine. In den vergangenen Monaten war das Wichernstift immer wieder in die Negativschlagzeilen geraten. So habe Emken versucht, mit Einzelverträgen die Löhne im Altenheim zu drücken, um so eine Insolvenz zu vermeiden, kritisierte Antoine. Einige Mitarbeiter hatten dies verweigert. Emken habe sie an den Pranger gestellt, in dem er ihre Namen in öffentlichen Listen aushängen ließ.

Erst in der vergangenen Woche habe Emken 60 Bewohnern des inzwischen insolventen Wichernstift-Altenheimes ohne eine angemessene Frist den Heimplatz gekündigt. Sie müssen nun noch vor Weihnachten ein neues Heim finden.

Für den Ausschluss gebe es zudem formale Gründe, erläuterte Antoine. Der Verein Wichernstift sei von einer Tochterfirma verwaltet worden, die schon lange nicht mehr zur Kirche gehöre. Dies sei mit der Satzung der Diakonie aber nicht vereinbar, sagte Antoine. Ein diakonischer Verein könne nur von einer kirchlichen Einrichtung verwaltet werden. Außerdem fehle ein Mitarbeiter der Landeskirche im Vereinsvorstand.

Erschwerend hinzu komme der Verdacht der Diakonie, dass Emken den ganzen Betrieb allmählich zu einem Familienunternehmen privatisiere: Wichtige Posten sind Antoine zufolge mit Freunden und Verwandten Emkens besetzt worden.

Bedauerlich sei, dass die Diakonie den Mitarbeitenden nun keine Hilfe mehr anbieten könne, sagte Antoine: „Sie sind jetzt noch schutzloser dem Gebaren des Herrn Emken ausgeliefert.

Der Namensgeber des Wichernstiftes, der Theologe Johann-Hinrich Wichern, war der Begründer der modernen diakonischen Arbeit in Deutschland. Er machte sich einen Namen, als er auf dem Wittenberger Kirchentag am 22. September 1848 die evangelischen Kirchen zur inneren Mission aufrief. (epd)