Nicht erkälten!

Klänge wie aus den 1980ern hängen im Raum und halten diesen auf leicht unterkühlter Umgebungstemperatur. So sensationell ist das nicht, entdecken doch nicht wenige Künstler jene Dekade des schlechten Geschmacks, die, geprägt vom Aufstieg des gnadenlosen neuen Konservatismus in der westlichen und dem Verfall des maroden Pseudosozialismus in der östlichen Welt, den Partygängern auf beiden Seiten des sogenannten Eisernen Vorhangs einen nüchternen Sound bescherte, dessen mathematisch anmutende Strukturen Heilsversprechung und Drohung in einem waren. Die Geschichte wiederholt sich als Farce, die Musikgeschichte als ironischer Kommentar. Ob gewollt oder nicht, die Junior Boys gehören in diese Klasse wiedergehender Kapellen, die aus einem Fundus schöpfen, der von langen Nächten auf neonbeleuchteten Straßen erzählt, der nach etwas ruft, das nicht im Angebot ist: Wärme. Um Missverständnissen vorzubeugen, die Musik der beiden Kanadier macht nicht depressiv, denn hier wird das androgyn laszive Zitieren früher Einflüsse keine reine Wiederholung, sondern ist eigenständige Hommage, eine komplex gezimmerte Klanglandschaft die sich sowohl sitzend als auch in Bewegung genießen lässt. Ganz angemessen spielt das Duo heute im unterkühlten Ambiente der wichtigsten postindustriellen Kapelle der Popkultur, dem Berghain.

■ Junior Boys: 6. Dezember, 21 Uhr, Berghain. Eintritt: 16 Euro