Alternative Anlageformen in Gefahr

FINANZEN Anbieter von Gemeinwohlprojekten und Crowdfunding sehen sich weiterhin durch Kleinanlegerschutzgesetz bedroht

BERLIN taz | Während der DAX von einem Rekord zum nächsten eilt, fürchten die Anbieter alternativer Geldanlageformen, dass ihr Geschäft demnächst zum Erliegen kommen könnte. Grund ist das Kleinanlegerschutzgesetz, das der Bundestag derzeit berät. Dadurch werde „die Bürgerbeteiligung an sozialen und ökologischen Vorhaben im Kern gefährdet“, warnte Werner Landwehr von der auf ökologische Geldanlagen spezialisierten GLS Bank am Montag bei einer Anhörung im Finanzausschuss.

Ziel des geplanten Gesetzes ist es, Verbraucher besser vor riskanten Finanzgeschäften zu schützen, indem auch der sogenannte graue Kapitalmarkt künftig stärker reguliert wird – etwa indem ausführliche, von der Finanzaufsichtsbehörde Bafin geprüfte Prospekte für die Anlageprodukte erstellt werden müssen und die Werbemöglichkeiten eingeschränkt werden.

Doch diese Maßnahmen könnten ein Problem darstellen, sowohl für gemeinwohlorientierte Projekte wie Dorfläden, Bürgerenergie oder Wohnungsbau als auch für die Finanzierung neuer Ideen über das Internet, das sogenannte Crowdfunding. Die neuen Auflagen, so die Befürchtung, seien so teuer und aufwändig, dass viele Projekte nicht mehr realisierbar wären.

Als Reaktion auf die Kritik hatte die Bundesregierung ihren Gesetzentwurf bereits nachgebessert und Ausnahmen für Genossenschaften, gemeinwohlorientierte Vereine und Crowdfunding-Projekte aufgenommen. Doch diese gehen vielen der betroffenen Akteure nicht weit genug. Die Ausnahmeregelungen gingen „an der Realität vorbei“, meint etwa das Mietshäuser-Syndikat, das bundesweit 90 nicht auf Gewinn ausgerichtete Hausprojekte realisiert hat. So sollten die Ausnahmen nicht nur für Vereine gelten, sondern unabhängig von der Rechtsform für alle gemeinnützigen Projekte, forderte Judith Janschewski bei der Anhörung. Zudem müsse die Obergrenze für Finanzierungen von 1 Million auf 5 Millionen angehoben werden, ebenso der maximal zulässige Zinssatz. Ähnliche Forderungen erhob der Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften. Die Crowdfunding-Plattform Companisto plädierte für eine Anhebung des erlaubten Finanzierungsbedarfs und für eine Aufhebung des geplanten Werbeverbots in sozialen Medien. Diese seien für Crowdfunding unverzichtbar, sagte Geschäftsführer Tamo Zwinge.

Widerspruch kam vom Verbraucherzentrale-Bundesverband. Crowdfunding sei „hoch riskant“, hieß es in dessen Stellungnahme; eine Ausnahme von der Prospektpflicht sei daher „nicht nachvollziehbar“. Und für gemeinnützige Projekte solle die Obergrenze von 1 Million Euro und die Beschränkung des Zinssatzes bestehen bleiben, meinen die Verbraucherschützer. MALTE KREUTZFELDT