„Unheilvoller Einfluss“

UNI-JUBILÄUM Inge Schmitz-Feuerhake, Frieder Nake & Fritz Storim diskutieren kritische Wissenschaft

■ 76, war bis 2000 Professorin für Experimentelle Physik an der Uni Bremen. Erforschte die Krebsrate und Strahlenbelastung nahe Atomkraftwerken.

taz: Frau Schmitz-Feuerhake, sind Sie mit der Uni Bremen auf Kriegsfuß, nachdem die sich von ihrer atomkritischen Forschung distanziert hat?

Inge Schmitz-Feuerhake: Man muss zur Ehre der Uni sagen, dass wir unsere Forschungsergebnisse zu Leukämie-Fällen in der Nähe des Atomkraftwerks Krümmel immer in einer Uni-eigenen Reihe veröffentlichen konnten – ohne Zensur.

1998 warf Ihnen der Rektor „Unwissenschaftlichkeit“ vor, nachdem Sie Plutonium in Dachbodenstaub fanden.

Statt der Verursacher wurden die Leute an den Pranger gestellt, die aufklären wollten. Mir wurde vorgeworfen, voreingenommen zu sein.

Weil Sie gegen Atomkraft waren?

Der Rektor meinte, die Mehrheit der Wissenschaftler hinter sich zu haben und hielt den Mainstream für objektiv. Der Uni ging es mehr darum, sich im klassischen Hochschulsystem zu positionieren. Nur dient in meinem Verständnis die Wissenschaft nicht in erster Linie der Wirtschaft. Ursprünglich wurden an der Uni alle Drittmittel abgelehnt, von Geldgebern, die Interessengeleitet waren. Heute ist das umgekehrt. Ich habe den unheilvollen Einfluss selbst kennengelernt.

Den der Atomkonzerne?

Ja. Bei meiner Forschung gab es immer Druck von außen. Schmäh-Berichte wurden lanciert, die mir Panikmache unterstellten. Offizielle Instanzen lehnten es immer ab, unsere Ergebnisse zu prüfen.

Heute hätten Sie es leichter …

Die Kritik an der Atomkraft ist verbreiteter. Aber in dem entscheidenden Gremium, der Strahlenschutz-Kommission, tauchen die Kritiker nicht auf. Die erhöhten Krebsraten nahe AKWs gelten immer noch als ein „ungeklärtes Phänomen“. JPB

19 Uhr, Uni Bremen,

Raum MZH 1470