WAS KIRCHEN UND CDU SPALTET: NICHT NUR DER EINKAUFSFREIE SONNTAG
: Ende der heiligen Allianz

Wie christlich ist die CDU eigentlich noch? Auch diese Frage wird – wenn auch unausgesprochen – auf dem Parteitag am Montag in Hannover hinter einigen Debatten stehen. Lange vorbei sind die Zeiten, in denen sich ganze katholische Gemeinden am Wahlsonntag nach dem Kirchgang für die CDU aussprachen. Und längst gilt die Partei, die ein C im Namen trägt, nicht mehr als geborener Partner der katholischen Kirche in Deutschland. Was bei den Protestanten schon lange der Fall ist, scheint nun auch bei vielen Katholiken zu gelten: dass ihnen die CDU im Großen und Ganzen nicht nähersteht als die SPD. Zumindest sieht man das in der Bischofskonferenz so, der zentralen Instanz der katholischen Kirche. Dort geht man inzwischen sogar auf Äquidistanz zu den beiden Volksparteien.

Das zeigt sich nicht nur in der Familienpolitik: Ursula von der Leyen mag auf die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine moderne Antwort geben. Dass aber ausgerechnet eine CDU-Ministerin eine Politik vertritt, die dem konservativen Familienbild widerspricht, stieß vielen Bischöfen böse auf, auch wenn nicht alle so herumkrakeelten wie Walter Mixa. Auch bei der Stammzellenforschung verärgerte die Oberhirten, dass der neoliberale Flügel der CDU so forschungs- und marktfreundlich agiert, statt sich für den Schutz der Schöpfung – in diesem Fall der Embryonen – einzusetzen. Auch für die neuen Parteiprogramme von SPD und CDU gilt: Während sich die SPD der Kirche annäherte, ging die CDU weiter auf Distanz.

Dass auch CDU-Politiker die Forderung nach einem verkaufsoffenen Sonntag unterstützen, ist nur ein weiterer Affront. Hinzu kommt, dass sich die SPD-Granden zuletzt oft frommer und familienfreundlicher zeigten als so mancher CDU-Politiker. Die außerehelichen Affären eines Laurenz Meyer, eines Wolfgang Seehofer oder Christian Wullf haben nicht gerade zum Ruf der CDU unter konservativen Christen beigetragen; von der kinderlosen Kanzlerin ganz zu schweigen.

Die CDU hat sich in den vergangenen Jahren modernisiert; die Kirchen haben sich emanzipiert. Oder ist es umgekehrt? Das Ende der heiligen Allianz jedenfalls ist ein Segen für beide. Jetzt kann um die Sache gestritten werden. PHILIPP GESSLER