Unternehmen dürfen weiter tricksen

LUXLEAKS EU-Kommission will Steuerzusagen für Konzerne offenlegen. Ihr Vorschlag erntet Kritik

BRÜSSEL taz | Der Steuerwettbewerb in der EU soll fairer und transparenter werden. Dies kündigte die EU-Kommission bei der Präsentation eines Maßnahmenpakets in Brüssel an. Im Mittelpunkt steht der automatische und systematische Austausch von Informationen über Steuervorabbescheide, die sogenannten tax rulings, von denen Konzerne wie Amazon, Starbucks oder McDonald’s profitieren.

Die Initiative ist eine Reaktion auf die „LuxLeaks“, bei der im vergangenen Herbst milliardenschwere Steuersparmodelle in Luxemburg offengelegt worden waren. Die „LuxLeaks“ hatten Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kurz nach Amtsantritt in die Defensive gebracht. Der ehemalige Premierminister Luxemburgs hatte die Politik der „tax rulings“, mit der 340 große Konzerne jährlich Milliarden von Steuern sparen können, immer gegen Kritik verteidigt.

Als die Empörung nach der Veröffentlichung immer höhere Wellen schlug, kündigte er eine „ambitionierte Agenda gegen Steuervermeidung“ an. Doch der Vorschlag, den Junckers Kommissare Valdis Dombrovskis und Pierre Moscovici am Dienstag vorlegten, fällt bescheiden aus.

Die Kommission schlägt vor, dass die EU-Staaten alle drei Monate einen Kurzbericht über alle von ihnen erteilten Steuervorbescheide mit grenzüberschreitender Wirkung austauschen. Wenn eine Regierung meint, sie sei von den Regeln anderer Länder betroffen oder sogar übervorteilt, kann sie nähere Einzelheiten anfordern. Bisher liegt es im Ermessen der EU-Länder, ob sie ihre Partner in Europa über Steuerabsprachen informieren. Insofern ist dies ein Fortschritt. Doch bleibt unklar, was passiert, wenn eine Regierung befindet, dass ein anderes EU-Land allzu weitreichende Steuerrabatte gewährt.

Keine Handhabe

Die EU-Kommission hat in einem solchen Fall bisher keine Handhabe. Sie ermittelt zwar bereits gegen mehrere EU-Länder, darunter auch Irland und die Niederlande. Dabei geht es jedoch um Vorteile für einzelne Konzerne, nicht jedoch um groß angelegte Steuersparmodelle wie in Luxemburg. Strafen wurden noch keine verhängt.

Entsprechend harsch fiel die Reaktion der Kritiker aus: Der grüne Europaabgeordnete und Finanzexperte Sven Giegold sprach von einem „peinlichen Vorschlag“. Sein Kollege Fabio De Masi von den Linken kritisierte die „Entwarnung für die Steuermafia“. Beide wiesen darauf hin, dass der Austausch von Steuerbescheiden schon seit 1977 Pflicht sei – doch die EU habe nicht gehandelt. ERIC BONSE