IBA-Projekt verschenkt

Das Spülfeld Obergeorgswerder würde sich eignen, um bei der Internationalen Bauausstellung eines der Kernthemen darzustellen. Zu spät, sagt der Senat. Der Bebauungsplan sei zu weit fortgeschritten

2013 präsentiert Hamburg auf der Elbinsel Wilhelmsburg die Internationale Bauausstellung (IBA). Die Ausstellung will zeigen, wie Großstädte auf die zentralen Zukunftsfragen des 21. Jahrhunderts reagieren können. In einem mehrstufigen Prozess mit Zwischenpräsentationen sowie Workshops mit Fachleuten und Bewohnern entwickelt die IBA Lösungen, die bis 2013 bauliche Realität werden sollen. TAZ

VON GERNOT KNÖDLER

Das ehemalige Spülfeld in Obergeorgswerder sollte in die Internationale Bauausstellung (IBA) 2013 einbezogen werden. Das hat der Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg gefordert. In dem Knie der Autobahn 1 an der Veddel solle ein gewöhnliches Gewerbegebiet hochgezogen werden, kritisiert Astrid Christen vom Verein. Dabei handele es sich um eine Fläche, die perfekt zu einem Leitthema der IBA passe: die „inneren Stadtränder“ oder „Metrozonen“. Christen: „Solche Maßnahmen sind unverständlich und schwächen den Geist der IBA.“

Der Senat hat das ehemalige Spülfeld im Rahmen seines Sofortprogrammes Wohnen und Gewerbe als schnell zu entwickelndes Gebiet ausgewählt. Auf rund 40 Hektar Gesamtfläche sollen Logistik- und Produktionsbetriebe angesiedelt werden. Die Lastwagen würden vom Gewerbegebiet aus direkt unter der Autobahn durch, über den industriellen Teil der Veddel, zu den Autobahnauffahrten Veddel oder Georgswerder rollen. Die Wohnhäuser südlich des Gebiets würden durch ein 70 Meter breites Wäldchen geschützt. Zum Ausgleich der Flächenversiegelung würde am Elbufer vor dem Obergeorgswerder Hauptdeich eine Überflutungszone geschaffen werden.

Einem Stadtplaner muss das Gebiet geradezu ins Auge springen. Auf zwei Seiten von der Autobahn und im Osten von der Elbe begrenzt, ist es eine abgelegene, tendenziell unwirtliche Ecke. Naturschützer dagegen haben mehr die ökologischen Qualitäten dieser Brache im Auge. Für den BUND-Landesvorsitzenden Harald Köpke, der selbst in Wilhelmsburg wohnt, wäre das Projekt der Sündenfall schlechthin. Zum ersten Mal würde damit im grünen Wilhelmsburger Osten, also östlich der Autobahn, ein geschlossenes Siedlungsgebiet ausgewiesen werden.

Wie Köpke wehren sich auch andere WilhelmsburgerInnen seit langem gegen den einschlägigen Bebauungsplan Wilhelmsburg 86. „Der geplante Bebauungsplan für Logistik würde den Freiraum gut fünf Kilometer vom Hamburger Rathaus entfernt in eine innerstädtische Peripherie mit trennender Wirkung verwandeln“, sagt Christen. Die Chance, das Gebiet zu einem Bindeglied zwischen Wilhelmsburg und anderen Stadtteilen würde vertan werden.

Christen würde das Ex-Spülfeld gerne als „Absprungkante im Sinne des Seitensprungs über die Elbe“ verstanden wissen. Obergeorgswerder könne das Eingangstor zum ökologisch hochwertigen Regionalpark Oberelbe werden, an dem vier Bundesländer beteiligt werden. Schon vor Jahren wurde der Vorschlag gemacht, an die Autobahn-Elbbrücke eine Fahrradbrücke anzuhängen. Die Wilhelmsburger und ihre Gäste könnten dann auf kurzem Wege auf die Vier- und Marschlande übersetzen.

Solche Ideen könnten Antworten geben auf die Frage, die sich die IBA mit ihrem Leitthema „innere Stadtränder“ stellt: „Welche städtebaulichen Möglichkeiten stecken in den Grenz- und Übergangsorten der Metropole?“ Für solche Metrozonen wie Verkehrsschneisen, Brücken, Gleise, aufgegebene Industriebauten und die Brachen dazwischen sei Wilhelmsburg „ein beispielhafter Ort“, heißt es in einer IBA-Broschüre. Die IBA wolle zeigen, wie diese inneren Stadtränder durch neue Verbindungen und Netze überwunden werden können.

Für Obergeorgswerder kommt die IBA nach eigener Einschätzung zu spät. „Das Projekt ist zu weit fortgeschritten“, sagt IBA-Sprecherin Iris Groscurth. Das Bebauungsplanverfahren sei nicht aufzuhalten. Tatsächlich ist kürzlich die zweite öffentliche Auslegung des Plans, bei der noch einmal Einwände vorgebracht werden konnten, abgeschlossen worden. Nach Angaben der Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung sind von den 20 Hektar Bauland in öffentlicher Hand 14 bereits für ein Logistikunternehmen und einen Produktionsbetrieb vorgesehen. Dass das Projekt nicht Teil der IBA sei, heiße nicht, dass hier schlecht geplant werde. „Die Anforderungen an die Qualität der Ausgestaltung sind hoch“, versichert sie.