LESERINNENBRIEFE
:

Technik und Bücher

■ betr.: „Das Buch verdunstet in die Wolken“, taz vom 7. 12. 11

„Das Buch ist tot“ wurde, wie Sie richtig erwähnt haben, schon in den 60er Jahren skandiert und dafür ist es heute noch ziemlich lebendig. Es werden heute mehr Bücher, auch Schulbücher, geschrieben, gedruckt, verkauft und gelesen als jemals zuvor. Das Buch ist genau das Gegenteil von dem, was die neue Wissenswelt im Web 2.0 verspricht. Die Probleme mit dem Wissen von Google, Wikipedia und Co. sind bekannt. Inhalte ohne richtige Quellen, gefilterte Trefferanzeigen – und letztendlich lande ich doch wieder beim Buch.

Ein weiteres Problem ist die Lesbarkeit der Daten und die Weiterentwicklung der Medien. Was in den 90er Jahren auf Diskette gespeichert wurde, ist heute praktisch nicht mehr lesbar. Und immer noch müssen die Inhalte alle fünf bis zehn Jahre kopiert werden, wenn sie nicht verloren gehen wollen. Das Gleiche gilt für die Geräte. Um mit der Entwicklung Schritt zu halten, muss ich ca. alle drei Jahre in neue Geräte investieren, was bedeutet, dass ich als Schüler drei- bis viermal ein neues Tab kaufen muss! Schöne Vorstellung der Industrie, aber leider nicht realistisch.

Technik in der Schule ist wichtig und notwendig, aber bitte nur da, wo sie auch wirklich einen zusätzlichen Nutzen bringt. Sonst haben wir am Ende nur Schulabgänger, die nichts weiter können als Copy & Paste. STEPHAN KLÖCKNER, Hamburg

Geld für Erhalt der Regenwälder

■ betr.: „Brasilien. Gesetz zum Roden“, taz vom 8. 12. 11

Wir dürfen uns nicht wundern, wenn man Ländern wie Brasilien keine Gegenleistung für den Erhalt der Wälder gibt, es bei zunehmendem Wachstum und der Aussicht auf wirtschaftlichen Profit zu diesen Rodungen kommt. Wenn die Industriestaaten diesen Ländern für den Erhalt der Wälder so viel Geld zahlen würden wie anderen Staaten für Öl, Gas und seltene Erden, würde der Regenwald auch erhalten bleiben. Der Regenwald ist für unser Überleben so wichtig wie Öl für unser wirtschaftliches Überleben. Also bitte auch dementsprechend Länder wie Brasilien entlohnen. MARKUS MEISTER, Berlin

Keine langfristige Zukunft

■ betr.: „Abschied eines Nicht-Spießers“, taz vom 5. 12. 11

Meintet ihr in der Gesellschaftskritik zu Thomas Gottschalk wirklich, dass „alle diese Menschen dem Dinosaurier-Fernsehen wieder ein Stückchen beim Aussterben zugeschaut haben“? Dann hätte ich mir gerne noch ein paar Worte erhofft, was denn das Dinosaurier-Fernsehen im Gegensatz zum modernen Fernsehen ist (außer jetzt, dass Jauch ein Spießer ist). Ich glaube vielmehr, dass man ohne Bindestrich der Wahrheit näher kommt und man momentan dem Dinosaurier Fernsehen beim Aussterben zugucken kann. Ich bin dankbar für gute Beiträge in der Mediathek, aber dieser vorgefertigten Videoplaylist als Streaminglösung über Radiowellen oder Ähnlichem gebe ich keine langfristige Zukunft.

Und ja, ich glaube, die Zeitung hat mehr Zukunft als das Fernsehen. CHRISTIAN LEICHSENRING, Bielefeld

Schlecht kaschierte Werbebeilage

■ betr.: „Wenn das Marketing feiert“, taz vom 6. 12. 11

Als vergleichender Abonnent von taz und Zeit musste man diesen schleimbehafteten Vorabdruck als schlecht kaschierte Werbebeilage einstufen. Trotz angedachter Kündigung sollten aber zunächst Korrekturmöglichkeiten konzediert werden: Zahlreiche Wutleser mit sehr kritischen Leserbriefen kamen dann auch zu Wort, wahrscheinlich eine jugendfreie Auswahl. Naht da ein Wechsel des Zeit-Chefredakteurs GDL zum Pressesprecher einer neuen KTG-Partei? Der extrem peinliche und überstürzte Comeback-Versuch entspricht dem Buchtitel. Verzicht auf Brille und Haargel sind als Maskerade unzureichend, nur ein Wechsel zu „friedhofs- oder Heino-blond wäre glaubwürdig gewesen. JÖRG WIEHMEYER, Regensburg

In Ba-Wü ticken die Uhren anders

■ betr.: „Was zum Teufel ist Inklusion?“, taz vom 30. 11. 11

Inklusion ist, wenn das Wahlrecht für alle SchülerInnen besteht. Der sanfte Hintergedanke: Auch SchülerInnen aus der Regelschule können eine Sonderschule besuchen! Das ist eine der Stilblüten aus dem Gedankengut der Administration. Zumindest in Baden-Württemberg ticken die Uhren anders. Eigeninitiative von Schulen wird mit „Weghören“ bestraft, Inklusion ist zu ernst, dass man es den Lehrkräften überlassen könnte. Wozu gibt es Außenklassen und Versuchsklassen (es wird probiert, was das Zeug hält, bis man keine Lust und/oder kein Geld mehr hat)? Normalität wird so nicht geschaffen, das möchte man auch nicht. Schließlich geht es den Sonderschülern in Ba-Wü doch gut.

Wie um Himmels willen sollen wir Kinder inklusiv beschulen? Wenn alle Ergebnisse aus Forschung und Erfahrung lehren, dass Sonderschulen doch nur wieder separieren, was zusammen gehört. Schule funktioniert halt doch nicht wie ein Wirtschaftsunternehmen. Was einmal zementiert ist, wird nicht so leicht aufgebrochen. Und am Ende kostet das doch wieder ein Heidengeld. In Ba-Wü schon immer der erste Grund, alles zu belassen wie es ist. Und den Lehrkräften ist es so auch lieber. „Was sollen wir noch alles machen?“

Ja, denen sollte man auch mal sagen, für wen sie eigentlich arbeiten: für die Kinder und Jugendlichen mit Anspruch auf inklusive Teilhabe an der Gesellschaft. WOLFGANG RAUCH, Sonderschullehrer