Der Möglichkeitssinn

betr.: „Die Fremde“, taz vom 29. 11. 07

Der taz-Artikel über Petra Kelly ermuntert mich, Ihnen mitzuteilen, was Robert Musil, der die Grünen selbstverständlich nicht kannte, über die seit langem in dieser Partei bestimmenden Realos geschrieben hat. Vielleicht sollten Sie sich diesen Text vor Augen führen, wenn Sie künftig wieder einmal über „Realismus“ schreiben oder das, was einige von Ihnen mit den Realos dafür halten: das Regieren als einzig sinnvolle politische Perspektive nämlich, und dabei das zu realisieren, was sich vor Regierungsantritt nicht einmal jemand mit Möglichkeitssinn negativ hätte ausdenken können.

Robert Musil, „Der Mann ohne Eigenschaften“:

„Wenn es Wirklichkeitssinn gibt, muss es auch Möglichkeitssinn geben. Wer ihn besitzt, sagt beispielsweise nicht: Hier ist dies oder das geschehen, wird geschehen, muss geschehen; sondern er erfindet: Hier könnte, sollte oder müsste geschehn; und wenn man ihm von irgendetwas erklärt, dass es so sei, wie es sei, dann denkt er: Nun, es könnte wahrscheinlich auch anders sein. So ließe sich der Möglichkeitssinn geradezu als die Fähigkeit definieren, alles, was ebenso gut sein könnte, zu denken und das, was ist, nicht wichtiger zu nehmen, als das, was nicht ist. RICHARD KELBER, Dortmund