Gipfel der Nachhaltigkeit

TRAVEMÜNDE Lübecks Ostseebad will 2024 die olympischen Segelregatten ausrichten – und keinen Cent dazuzahlen. Das Sportlerdorf baut ein privater Investor, und kilometerlange Zuschauertribünen gibt es schon

„Rund und gelb“, wie ihn Thomas Mann in den „Buddenbrooks“ beschrieb, ist er noch heute. Der 31 Meter hohe Leuchtturm an der Mündung der Trave in die Ostsee wies seit 1539 Schiffen den Weg in den sicheren Hafen. Weshalb er als Deutschland ältester Leuchtturm gilt. Seit 40 Jahren blinkt es zwar modern in 115 Meter Höhe vom Dach des benachbarten Maritim-Hotels, Travemündes einziger Bausünde, das Feuer im denkmalgeschützten Leuchtturm ist erloschen – und könnte aber bald wiederbelebt werden. Das olympische Feuer soll hier flackern bei den Segelregatten 2024, falls das Ostseebad Partner Hamburgs werden sollte.

„Es wird keine zusätzlichen Investitionen für Olympia geben“, sagt Oliver Groth, Projektleiter der Olympia-Bewerbung. Nichts werde extra gebaut, lediglich die Bootsliegeplätze in den Marinas müssten aufgehübscht werden. „Aber das müssten wir ohne Olympia auch machen“, sagt Groth. Und gerade deshalb sieht Lübeck, die einstige Königin der Hanse, sich mit ihrem Vorort im Vorteil gegenüber dem Konkurrenten Kiel: „Wir haben schon alles“,sagt Groth, „das ist der Gipfel der Nachhaltigkeit.“

Gegenüber vom alten Leuchtturm, auf der Halbinsel Priwall am anderen Traveufer, wird bereits gewerkelt. Dort liegt das Museumsschiff „Passat“, ein stolzer Viermaster, und im Sportboothafen dahinter soll das olympische Segelzentrum entstehen. Bis 2019 entsteht hier auf 700 Meter Länge die „Waterfront“: drei- bis viergeschossige Bauten mit Cafés und Shops, und oben drüber 400 Appartments der gehobenen Kategorie. 130 Millionen Euro will der dänische Investor Sven Hollesen sich das Projekt kosten lassen, und der Stadt Lübeck hat er bereits zugesagt, dass sie es 2024 als olympisches Dorf anmieten kann.

Auch im benachbarten Dünenpark sollen die Segelsportler wohnen in mehr als 100 skandinavischen Strandvillen mit Pool, Sauna und Fünf-Sterne-Komfort direkt am Strand – das baltische Pendant zum Campo Bahia der deutschen Fußballer während der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien. „Perfekt“, sagt Groth.

Torsten Fürter hingegen findet die Waterfront „zu hoch, zu massiv“. Aber es gebe nun mal eine politische Mehrheit dafür in der Lübecker Bürgerschaft, räumt der Fraktionschef der Grünen ein, „und dann wäre es natürlich klug, das für Olympia zu nutzen“. Bei einem Bürgerentscheid im Herbst muss aber noch die Mehrheit der LübeckerInnen zustimmen, und deshalb startet die Stadt am heutigen Sonnabend mit einem Volksfest vor dem Travemünder Yacht-Club die heiße Phase ihrer Werbekampagne. „Wir wollen das olympische Feuer in der Bevölkerung entfachen“, sagt SPD-Bürgermeister Bernd Saxe.

Logistische Probleme sieht hier niemand. Die jährliche „Travemünder Woche“ im Juli ist, nach der „Kieler Woche“, die zweitgrößte Segelveranstaltung weltweit – und etwa drei mal größer als ein olympisches Segelturnier mit beschränkten Teilnehmerzahlen. Die Strandpromenade und das anschließende gut 20 Meter hohe Steilufer sind kilometerlange Zuschauertribünen bei den Regatten, die wenige Hundert Meter vor der Küste stattfinden sollen. „Umsonst und draußen“, sagt Groth, „das bietet nur Travemünde.“

SVEN-MICHAEL VEIT