Weiter Grüne oder nicht

NATIONALISMUS-AFFÄRE

Am heutigen Sonnabend wird über die politische Karriere von Nebahat Güçlü entschieden. Das Landesschiedsgericht der Hamburger Grünen verhandelt über ihren Parteiausschluss – das Urteil gilt als vollkommen offen. Sollte die Bürgerschaftsabgeordnete nicht rausgeworfen werden, wäre das eine herbe Niederlage für den Parteivorstand um die Vorsitzende Katharina Fegebank und ihren Stellvertreter Manuel Sarrazin, die am 26. Januar Güçlüs Ausschluss beantragt hatten. Und für die neue Bürgerschaftsfraktion, die sich vor zwei Wochen ohne Güçlü konstituierte – sie ist aktuell fraktions-, aber nicht parteilos.

Die 49-Jährige, die in der Hamburgischen Bürgerschaft von 2008 bis 2010 als erste Frau mit Migrationshintergrund Vizepräsidentin eines deutschen Landtags war, hat vor den falschen Leuten gesprochen. Am 18. Januar redete sie auf einem Kulturfestival der „Türkischen Föderation“ über grüne Bildungspolitik. Die Föderation gilt als deutsche Vertretung der türkischen „Partei der Nationalistischen Bewegung“ (MHP) und steht den rechtsnationalistischen „Grauen Wölfen“ nahe. Güçlü sagt, das habe sie nicht gewusst, der Vorstand sagte, sie habe der Partei geschadet: „Es ist inakzeptabel, dort um Stimmen zu werben.“ Güçlü keilte zurück: „Ich lasse nicht meine Integrität als überzeugte Antirassistin und Demokratin infrage stellen.“ Sie stehe „für den Dialog zwischen Kulturen und Weltanschauungen“, stellte die Politologin, jahrelang Geschäftsführerin einer Interkulturellen Begegnungsstätte, klar.

Mitte Februar, kurz vor der Bürgerschaftswahl, hatte das Schiedsgericht den Ausschlussantrag wegen eines Formfehlers abgewiesen, über einen neuerlichen, formgerechten Antrag des Vorstandes will es nun beraten.

Wie ernst es dem Landesvorstand mit Güçlüs Rauswurf ist, geht aus dem internen Protokoll der Sitzung am 26. Januar hervor. Aus Angst vor bösen Schlagzeilen kurz vor der Bürgerschaftswahl am 14. Februar solle das Vorgehen gegen Güçlü „bis zur Wahl durchzuhalten sein“. Sollte danach das Schiedsgericht den Ausschlussantrag verwerfen, werde der Landesvorstand sich bei Güçlü „entschuldigen“.  SMV