BEI BABETTE: Komplimente
Ich hatte mit einem Freund aus dem Schwarzwald im International den neuen Film von Andreas Dresen gesehen, „Als wir träumten“. Ich fand den Film, der ziemlich brutal ist und in dem viel gesoffen und geraucht wird, sehr gut. Danach sind wir auf die andere Seite der Karl-Marx-Allee gegangen, in die Bar Babette, in der zu DDR-Zeiten der Kosmetiksalon Babette war, in dem Frauen noch schöner gemacht wurden. Kurz überlegte ich, wie die Jungs in dem Film harte Sachen zu trinken. Aber da in der Bar nicht geraucht werden darf, nahm ich einen Watermelon Man.
Als der Freund aus dem Schwarzwald auf Toilette ging, blieb ich nicht eine Sekunde allein. Ein Typ kam schnurstracks auf mich zu, groß und schlank, etwa in meinem Alter, und er wirkte sympathisch. Er betonte, er wolle meinem Freund nicht zu nahe treten, aber er sei total beeindruckt von mir. Er sagte viele schöne Sachen und sprach von einer großen Tiefe, die er in meinen Augen gesehen habe, dass ich wie besoffen war. Auch wenn ich den Vergleich, ich würde wie Charlotte Gainsbourg aussehen, dann doch übertrieben fand.
Aber weil der Typ weder betrunken noch verrückt war, verriet ich ihm, dass der Herr auf der Toilette nicht mein Freund ist. Nachdem das geklärt war, gingen wir raus und rauchten eine Zigarette. Er stellte sich als Ulf aus Dresden vor, sprach aber kein Sächsisch, und fragte nach meiner Telefonnummer, die ich ihm gerne gab. Kurz darauf wählte er meine Nummer, damit ich seine Nummer habe.
Zwei Tage später, Ulf hatte Charlotte Gainsbourg nicht angerufen, beschlich mich ein übler Verdacht: Dieser Ulf könnte einer von diesen Typen sein, die wahllos Frauen Komplimente machen und sich gut dabei fühlen, wenn die sich dann Hoffnungen machen. Ulf Arschloch, dachte ich und an den Filmtitel „Als wir träumten“ und dass man sich immer zweimal sieht im Leben. BARBARA BOLLWAHN
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