Schlechtes Klima

Die überraschend vom Umweltsenator rausgeworfene Staatsrätin Cornelia Ziehm wehrt sich gegen den Vorwurf, sie habe keinen Rückhalt bei ihren MitarbeiterInnen gehabt – was diese bestätigen

von Eiken Bruhn

Zwei Tage nach dem Rauswurf der Umweltstaatsrätin Cornelia Ziehm durch Senator Reinhard Loske werden Zweifel laut an der Version, die Loske über seine Gründe verbreiten ließ. Danach soll Ziehm keinen Rückhalt bei ihren MitarbeiterInnen gehabt haben. Doch das trifft offenbar nur für einen Teil ihrer Untergebenen zu. „Wir waren sehr überrascht, dass sie gehen musste“, sagt ein Behördenmitarbeiter, der namentlich nicht genannt werden möchte, „sie hat einen sehr guten Eindruck hinterlassen“. Aus seiner Sicht hätten alle, die mit ihr zusammengearbeitet haben, dies gerne getan, fachlich habe es nichts an ihr auszusetzen gegeben. Ihrem Ruf als hervorragende Umweltjuristin sei sie gerecht geworden. Dies bestätigt ein weiterer Mitarbeiter. Dass sie ihren Job antrat, ohne vorher in einer Verwaltung tätig gewesen zu sein, habe Loske vorher gewusst. „Ob es jemand schafft, sich diese Fähigkeiten anzueignen, kann man nach drei Monaten nicht beurteilen.“ Von dem gestörten Vertrauensverhältnis, mit dem Loske ihren Rauswurf begründet hatte, haben die Mitarbeiter nichts bemerkt. Allerdings, räumt einer der beiden ein, würde Loske wohl nicht leichtfertig einen solchen Schritt machen, von dem er gewusst haben muss, dass er sowohl Ziehm, ihm selbst, den Grünen und der Umweltbehörde schaden würde.

Ziehm selbst sagt nach wie vor wenig zu dem Vorgang, der sie in die missliche Situation gebracht hat, ihren Job bei der Deutschen Umwelthilfe in Berlin aufgegeben zu haben für einen Posten, den sie nach drei Monaten schon wieder los ist. „Nachtreten“ nutze niemand, sagt sie, diktiert dann aber doch einen zitierfähigen Satz. „Es gehört zum gesetzlichen Auftrag eines politischen Beamten für die Probleme der Leitung den Kopf hinzuhalten – dieses gilt offenbar umso mehr für politische Beamtinnen.“

Damit spielt Ziehm an auf die Tatsache, dass der Grüne Loske seit seinem Amtsantritt schwer unter Beschuss steht. Dass er sich weigerte, die Planungen für die A 281 und die Schwachhauser Heerstraße so durchzuziehen, wie es sein CDU-Vorgänger entschieden hatte, wurde ihm übel genommen – nicht zuletzt vom Chefredakteur des Weser Kuriers, der wochenlang in seiner Montags-Kolumne das Ende der großen Koalition betrauerte, um sich auf Loske einzuschießen. Den er stets den „Weltklimabeauftragten“ nennt, weil Loske Klimaschutz zu seinem Ziel erklärt hat. Was er offenbar für unvereinbar hält mit den Anforderungen an einen Senator, der nicht nur für Bau und Verkehr, sondern auch Umwelt zuständig ist. Ausgerechnet mit dem Weser Kurier legte sich nun die im politischen Spitzentanz unerfahrene Ziehm an, als dieser behauptete, sie lege regelmäßig lange Wochenenden ein, sei „freitags fast nie da“. Ziehm wollte gegen den Willen Loskes die Sache nicht auf sich beruhen lassen und das Blatt verpflichten, diese Behauptung zu unterlassen. Der Grund: An den drei Freitagen, die sie in Berlin weilte, nahm sie dienstliche Termine wahr.

Derzeit hält sie sich wieder in Berlin auf, wird am Dienstag zurückkehren, um ihre Entlassungsurkunde entgegenzunehmen – vorausgesetzt, der Senat fällt einen entsprechenden Beschluss. Ob und mit wem ihr Posten wieder besetzt wird, ist offen. Gestern Abend trafen sich die Grünen, um die Situation zu beraten, wollten sich aber vor Redaktionsschluss nicht äußern.

Loske kann sich darauf gefasst machen, dass der Weser Kurier sich am Montag wieder an ihm hochziehen wird. Weil er gestern nicht verheimlichte, dass Bremen für sein Car-Sharing-Konzept ausgezeichnet wurde. Die Überschrift „Bremen bei klimafreundlicher Mobilität Weltspitze“ wird Reflexe provozieren.