Hamburg sperrt in Bremen ein

GESCHLOSSENE UNTERBRINGUNG Ein neuer Träger, der der Stadt Hamburg gehört, soll in Bremen ein geschlossenes Heim einrichten. Die Hamburger Grünen haben sich im Wahlkampf dagegen ausgesprochen. In beiden Städten gibt es erfolgreiche Alternativen

Hamburg hat mit geschlossenen Heimen bisher schlechte Erfahrungen gemacht:

■ In der Feuerbergstraße gab es von 2002 bis 2008 eine geschlossene Unterbringung. Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss erkannte Missstände wie die Verabreichung von Psychopharmaka an Jugendliche.

■ In Heimen der Haasenburg GmbH in Brandenburg brachte die Stadt ab 2008 schwer erziehbare Jugendliche unter. Nachdem die taz über Misshandlungsvorwürfe gegen Mitarbeiter berichtet hatte, wurden die Heime Ende 2013 geschlossen.

■ Am Dienstag steht ein früherer Haasenburg-Erzieher wegen Körperverletzung vor dem Amtsgericht Lübben. Er soll 2012 einen damals 16-Jährigen ins Gesicht und auf den Kopf geschlagen haben.

VON KAIJA KUTTER

Die Städte Hamburg und Bremen machen bei der geschlossenen Unterbringung gemeinsame Sache. Der rot-grüne Senat in Bremen hat beschlossen, dass „kurzfristig mit einem Träger aus Hamburg verhandelt werden soll“, um gemeinsam ein Heim in einem Gebäude der Justizvollzugsanstalt Am Fuchsberg in Bremen-Oslebshausen zu errichten.

Der vergitterte Pavillon soll nur vorübergehender Standort sein. Als endgültiger Platz ist das frühere Jugendgefängnis Blockland im Gespräch. Anja Stahmann (Grüne) sei gebeten worden „eine entsprechende Vereinbarung zu schließen“, teilte der Senat am Freitag mit.

Auch die Hamburger Sozialbehörde bestätigt den Vorgang. „Da laufen Gespräche“, sagt der Sprecher von Sozialsenator Detlef Scheele (SPD), Oliver Klessmann. Er bestätigt auch, dass es sich dabei um jenen Träger handelt, den die Stadt im vorigen Jahr extra für ein geschlossenes Heim gegründet hat, weil sich kein anderer Jugendhilfeträger dafür hergibt.

Die Gesellschaft heißt „PJT - Pädagogisch Therapeutische Jugendhilfe“ und gehört zu zehn Prozent Hamburg. Die übrigen Anteile zu je 45 Prozent halten ein gewerblicher Jugendhilfeträger und die gemeinnützige Grone-Schulen Niedersachsen GmbH.

Mit dem Deal könnten sich beide Städte aus einer Verlegenheit helfen. Denn in Bremen fand sich offenbar kein Träger, der diese Aufgabe übernehmen wollte. Und Hamburg wollte das Heim partout außerhalb der Stadt haben, fand aber keinen Standort.

Jede Nachbar-Kommune, die dies zulässt, hat automatisch für Heimaufsicht und Betriebserlaubnis zu sorgen und damit auch die politische Verantwortung an den Hacken. „Kann sein, dass es der Standort Bremen wird“, sagt nun Klessmann. Im Klartext heißt das: Auch Hamburger Jugendliche sollen in dieses Heim.

Für die Hamburger Grünen ist der Vorgang ärgerlich. Denn wenn in dieser Woche im Hamburger Rathaus weiter über eine rot-grüne Koalition verhandelt wird, geht es um die Themen „Kinder, Jugend und Soziales“ und damit auch um die Geschlossene Unterbringung. Doch die grüne Jugendpolitikerin Christiane Blömeke lehnt Erziehung hinter Mauern ab. Sie und ihre Partei haben das im Wahlkampf offensiv vertreten.

Wenn die Grünen in den Ring steigen, haben sie Argumente. In Bremen liegt frisch eine Evaluation über „soziale Trainingsmaßnahmen“ für straffällige Jugendliche vor, die sich als Alternative zum Einschließen bewährten.

Und auch in Hamburg unterstützt die dortige Sozialbehörde seit April 2014 eine Einrichtung, die ein solches Heim überflüssig machen könnte: die „Koordinierungsstelle individuelle Unterbringung“ beim Paritätischen Wohlfahrtsverband.

Dass dieses Projekt „die Alternative“ zu geschlossen Heimen ist, hört die Pädagogin Maren Peters aber nicht gern. Sie und ihre Kollegin Carolin Becker sprechen lieber von ihren Erfolgen: Ihre Stelle koordiniert einen „Fallverbund“ von Trägern, die gemeinsam die Verantwortung für schwierige Fälle übernehmen. Bisher gab es 22 Anfragen. „15 davon haben wir im Fallverbund besprochen“, sagt Becker. „Alle wurden versorgt.“ Im vergangenen Jahr hat Hamburg keine Jugendlichen mehr geschlossen untergebracht.