Die Vertreibung der Händler aus dem ICC

BAUEN Laut Gutachten der Bauverwaltung taugt das Kongresszentrum nicht zur Shoppingmall

Das „Raumschiff“ ICC bleibt weiter in einer instabilen Umlaufbahn: Ein neues Gutachten der Stadtentwicklungsverwaltung gelangt zu dem Ergebnis, dass die jüngsten Senatspläne zum Umbau des maroden Internationalen Congress Centrums keine Zukunft haben. Damit ist die Entscheidung zu dem seit einem Jahr wegen Asbestverseuchung geschlossenen ICC wieder offen.

Die Studie aus dem Hause von Senator Andreas Geisel (SPD) soll zwar erst im Mai öffentlich gemacht werden, nach Medienberichten kommt sie jedoch zu dem Resultat, dass von der anvisierten „Mischnutzung“ aus Kongresszentrum, Hotel sowie Einzelhandel „grundsätzlich abzuraten“ sei. Eine ICC-Shoppingmall wäre für das Bauwerk selbst wirtschaftlich ungünstig und hätte negative Auswirkungen für den Handel in der gesamten City West, so das Papier.

Die für das ICC zuständige Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) bestätigte am Montag diese Aussagen und plädierte dafür, sich im Parlament erneut mit der ICC-Problematik zu befassen. „Wir müssen zurück ins Abgeordnetenhaus“, so Yzer, wenn die geplante Lösung nicht realisierbar sei. Es sollte die Frage geklärt werden, „ob mehr als die begrenzten 200 Millionen Euro“ aus der Haushaltskasse für das Haus verwendet werden könnten oder ob die Mittel für andere Investitionen, etwa in Schulen, nötig seien. Weitere teure Gutachten lehne sie jedenfalls ab, betonte die Senatorin. Alle Fakten lägen auf dem Tisch.

2014 hatte Yzer die jetzt wohl gekippte „Mischnutzung“ als Rettungskonzept für den Riesenkasten vorgeschlagen. Die Sanierung sollte aus öffentlichen und privaten Mitteln gestemmt werden. Dazu sollten Investoren für künftige Einzelhandelsflächen im ICC gewonnen werden, weil die vom Senat gesetzten 200 Millionen Euro zu knapp waren.

Zuvor waren etliche Gutachten zur Zukunft des 1979 eröffneten Kongresszentrums diskutiert worden: So sollte das Gebäude – trotz astronomisch hoher Betriebskosten – weiter als Messekomplex genutzt werden, auch wurde es als Standort der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) vorgeschlagen. Seit 2001 wurden insgesamt rund 1,9 Millionen Euro für Expertisen verbrannt.

Einen Abriss lehnten Berlins Architektenverbände am Montag erneut ab. In einem Schreiben, das der taz vorliegt, fordern sie den Erhalt der „einzigartigen Architektur“, die Erneuerung und „eine schnelle Klärung der Nachnutzung des denkmalwerten Bauwerks“. ROLF LAUTENSCHLÄGER

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