Dem ICC gerecht werden

Keine Shoppingmall im Kongresszentrum

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Shoppen im ICC ist auch nicht die Lösung – das ist im Kern das Fazit des neuesten Gutachtens der Bauverwaltung zur Zukunft des Berliner Kongresszentrums. Für das Bauwerk selbst bedeutet die Nachricht, dass eine abwegige Idee mehr an der silbernen Fassade – und am Einzelhandel in der gesamten City West – vorbeigegangen ist. Eine Einkaufsmeile quer durch das entkernte Gebäude passt ebenso wenig dort hinein wie eine Zentral- und Landesbibliothek, ein Sportforum oder gar ein Kreativkaufhaus. Nur: Was kommt statt der Shoppingmall? Werden jetzt wieder neue Gutachten in Auftrag gegeben, geht die Diskussion von vorne los?

Es reicht nicht, wie in der Studie nur „Njet“ zu sagen zu dieser oder jener Eingebung in Richtung ICC. Vielmehr kommt es darauf an, endlich ein tragfähiges Konzept für eines der wichtigsten Gebäude im Westberlin der 1970er Jahre zu entwickeln, welches dem Haus, seiner Dimension und seiner Bedeutung gerecht wird.

Das ICC ist Pop

Wer wie die Wirtschaftsverwaltung dabei allein den Rechenschieber bemüht, der wird scheitern. Das ICC ist mehr als nur eine Stelle in der Haushaltsbilanz des Landes. Es war Gegenentwurf zum Palast der Republik und ist Geschichte und Popkultur, es ist wie das Centre Pompidou ein Denkmal – und liegt somit in der öffentlichen Verantwortung. Das Kongresszentrum mag marode sein, aber man wird es sanieren und dann wieder nutzen können.

Am ICC scheiden sich von jeher die Geister: Die einen halten den 320 Meter langen Weltraumbahnhof für eine Ikone der modernen Architektur. Für andere ist das riesige Bauwerk ein teures Monstrum, das abgerissen gehört. Doch darum geht es nicht, sondern um das Bewusstsein für ein Symbol Berlins und unserer – von mir aus ungeliebten – Baugeschichte.

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