Viel zu lahm

ACHILLESFERSE Der FC Bayern leidet beim 0:2 gegen Gladbach unter seiner großen Konteranfälligkeit

Die andere Baustelle von Pep Guardiola ist die fehlende Kreativität in der Offensive

MÜNCHEN taz | Philipp Lahm lässt sich nicht so leicht aus dem Konzept bringen. Der Kapitän des FC Bayern schafft es, kritischen Fragen mit einer Allerwelts-Phrase die Brisanz zu nehmen. Aber am Sonntagabend reagierte Lahm plötzlich etwas gereizt, als die Sprache auf die erfolgreichen Konter von Borussia Mönchengladbach bei der Münchner 0:2-Niederlage kam. Das erste Gegentor, blaffte er, sei kein Konter gewesen. „Das war ein Einwurf.“ Ein Einwurf, nach dem die Gladbacher den Gegner fein auskonterten.

Das so augenfällige Thema gefiel Lahm nicht. Dabei hatte er zuletzt ja von außen so manches ganz gut beobachten können. Wegen seiner Verletzung saß er zuerst auf der Tribüne und zuletzt die meiste Zeit des Spiels auf der Bank. Da dürfte dem Strategen nicht entgangen sein, dass die Konteranfälligkeit der Münchner in der Rückrunde wieder gestiegen ist. In den ersten 17 Spielen dieser Bundesligasaison hatte der FC Bayern vier Tore kassiert, in den letzten neun Partien neun Treffer. Mannschaft und Trainer Pep Guardiola spielen das Problem herunter, in der Öffentlichkeit jedenfalls.

Die Ballbesitz-Philosophie von Guardiola mit der weitaufgerückten Abwehr als aktiver Posten im Münchner Spielaufbau birgt stets die Gefahr, überlaufen zu werden. Und die Ligakonkurrenz hat frühes Stören längst als probates Mittel gegen den übermächtigen FC Bayern ausgemacht. Die Erfolgsquote ist aber nicht nur von der Konsequenz und Spielintelligenz des Gegners abhängig, sondern auch von der Balance in der Mannschaft des FC Bayern. Und die stimmt seit dem Rückrunden-Auftakt nicht mehr. Es reiche schon, „wenn irgendjemand gedanklich in einem Moment nur ein bisschen langsamer ist“, hatte Lahm einmal in einem Interview zugegeben. „Das ist das Anspruchsvolle an diesem System.“

Es mag ein paar Gründe geben, warum die Bayern im Kopf derzeit etwas müde sind. Die Spätfolgen des kräftezehrenden Jahres 2014 zum Beispiel oder die sich längst auf großem Abstand befindliche Konkurrenz in der Bundesliga. Womöglich spielen auch die vielen permanenten Veränderungen in der Defensive sowie im zentralen Mittelfeld in dieser Phase der Saison eine Rolle.

Die Konter sind die eine Baustelle von Guardiola, die andere ist fehlende Kreativität in der Offensive, die trotz zuletzt vieler Kantersiege in der Rückrunde auffällig ist. Umso wichtiger ist im Bayern-System die individuelle Klasse auf den Außenpositionen mit Franck Ribery und vor allem Arjen Robben.

„Gegen so einen defensiven Gegner wie Gladbach sind eben Spieler wichtig, die das ‚Eins gegen eins‘ gestalten können“, sagte Lahm. Ribery laboriert aber an einer Sprunggelenkstauchung und nun fällt auch noch Robben wegen eines Bauchmuskelrisses in der entscheidenden Phase nach der Länderspielpause mit dem Pokalspiel in Leverkusen und dem Champions-League-Viertelfinale gegen den FC Porto aus. Der Ausfall des besten Torschützen in dieser Saison, fand der Vorstandvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge am Sonntagabend, „ist mindestens genauso schlimm wie die Niederlage.“ ELISABETH SCHLAMMERL