Aus dem Nichts

EISKUNSTLAUF Die 18-jährige Schülerin Nicole Schott feiert diese Woche in Schanghai ihr WM-Debüt. Nach ihrer überraschend guten EM-Vorstellung steht die deutsche Meisterin nun allein im Rampenlicht

Dass sie zu den Weltmeisterschaften im Eiskunstlauf fahren darf, die diese Woche in Schanghai ausgetragen werden, hätte sich die 18-jährige Nicole Schott zu Beginn dieser Saison nicht träumen lassen. Da galt sie noch als eines von vielen Talenten im deutschen Mittelfeld.

Die 1,64 Meter kleine, grazile und schüchterne Schülerin hatte zu Saisonbeginn ihre Zelte in Essen abgebaut und war zu dem international ausgewiesenen Trainer Michael Huth nach Oberstdorf gewechselt. Huth hatte immerhin die Italienerin Carolina Kostner zur Welt- und fünffachen Europameisterin geformt. Zu seinen Schülern gehörten der tschechische Europameister Tomas Verner und der mehrfache ukrainische Meister Anton Kowalewskyj. Um aber erfolgreiche deutsche SchülerInnen von Huth, der von der Deutschen Eislaufunion (DEU) wenig gefördert wird, zu finden, muss man ein paar Jahre zurückgehen.

Jetzt ist Nicole Schott aufgetaucht, quasi aus dem Nichts wurde sie im Dezember überraschend deutsche Meisterin. Viele Experten hielten das noch für eine Eintagsfliege. Silbermedaillengewinnerin war immerhin die international erfahrene, aber gesundheitlich angeschlagene Nathalie Weinzierl aus Mannheim. Mit ihr gemeinsam durfte Nicole Schott im Januar zu den Europameisterschaften fahren. Und: Für alle völlig überraschend gelang der Debütantin dort mit einem schwierigen und fehlerfreien Programm der neunte Platz – vor Weinzierl. Damit sicherte sie der DEU nicht nur zu den Europameisterschaften im kommenden Jahr erneut zwei Startplätze – sie löste auch den einzigen WM-Startplatz bei den Frauen ein. Dabei hatte Schott sich bei den Europameisterschaften eigentlich ein bescheideneres Ziel gesetzt: Sie wollte lediglich das Feld der besten 24 Läuferinnen erreichen, um auch ihre Kür zeigen zu dürfen. Das wird auch in Schanghai ihr Ziel sein. Denn den Ton geben hier die Russinnen, Amerikanerinnen und Asiatinnen an.

Was Nicole Schott besonders gut kann, sind vier verschiedene Dreifachsprünge. Das beherrschen nicht viele, weshalb die Tochter eines Eishockeytrainers darauf besonders stolz sein darf. Diese Elemente hatte sie allerdings schon drauf, bevor sie zu Michael Huth wechselte. Bei ihm hat sie an Wettkampfstabilität, Ausdruck und ein wenig auch an Selbstbewusstsein gewonnen. Faktoren, die im Wettstreit mit der weltweiten Elite um bessere Positionen ausschlaggebend sein können.

Neben Nicole Schott gehört zum deutschen Aufgebot in Schanghai das Eistanzpaar Nelli Zhiganshina/Alexander Gazsi. Die Vorjahreselften werden ihren letzten gemeinsamen Auftritt haben. Während Gazsi ins Trainerfach wechseln will, sucht die gebürtige Russin Nelli Zhiganshina einen neuen Partner. Bei den Herren ist die DEU durch den Olympiaachten Peter Liebers vertreten, der nach langer Verletzungspause wieder gut in Form ist und in die Top Ten laufen will.

Im Paarlaufen sind die Berliner Mari Vartmann/Aaron van Cleave am Start. Sie wollen nach dieser Saison getrennte Wege mit neuen Partnern gehen, weil die Chemie zwischen ihnen nicht mehr stimmt. MARINA MAI