Weiter auf der Rasierklinge

Auswärts ist Fußballzweitligist VfL Osnabrück die Schießbude der Liga. Doch im heimischen Stadion haben die meisten Gegner keine Chance. Wie gestern der Aufstiegsaspirant 1860 München, der mit 3 : 0 heimgeschickt wurde

Viel Lob erhält der VfL Osnabrück für sein stets offensives Auftreten, mit dem er das Konzept seines Trainers Claus-Dieter „Pelé“ Wollitz umsetzt. Der ist kein Freund von abwartendem Spiel – egal wie der Gegner heißt. Fans und Vereinsführung danken es ihm auf ihre Weise. Wollitz’ Vertrag wurde vorzeitig verlängert, und mehr als 15.000 Zuschauer strömen durchschnittlich pro Spiel ins Stadion.

Aufstiegskandidaten wie der SC Freiburg und der 1. FC Köln wurden mit 2 : 1 nach Hause geschickt. Dabei haben es die Spieler auf dem heimischen Rasen mit ihren eigenen Fans nicht immer leicht. Schnell verlieren die Osnabrücker die Geduld, wenn riskante Pässe nicht ankommen oder gegen vermeintlich schwache Gegner der Einsatz fehlt. Vielleicht ist es gerade dieser Druck, den die Akteure auf dem Spielfeld brauchen.

Gestern gegen 1860 München begann der VfL nervös und sah sich in den ersten Minuten stark auftretenden Bayern gegenüber. Doch schon in der 9. Minute gelang Gaetano Manno ein sehenswerter Steilpass auf Thomas Reichenberger. Der schob den Ball mühelos an dem herausstürmenden 1860-Keeper zur 1 : 0-Führung für die Gastgeber ins Tor.

Als der Münchner Sven Bender dann auch noch Paul Thomik im Strafraum per Grätsche am Torschuss hinderte und Thomas Cichon in der 34. Minute mit einem gut platzierten Schuss den fälligen Elfmeter verwandelte, waren die ’60er geschockt. Die Osnabrücker bestimmten jetzt zunehmend das Geschehen. Dennoch brach kurz vor dem Pausenpfiff plötzlich Chaos im Sechzehner des VfL aus, doch konnten die Gäste daraus keinen Nutzen ziehen.

Auch in der zweiten Hälfte hatten die Münchner wenig entgegenzusetzen. Folgerichtig erzielte Kapitän Reichenberger in der 58. Minute nach einer Flanke per Kopf das entscheidende 3 : 0. Lediglich der Ex-Hamburger Mustafa Kučuković kam zu gefährlichen Chancen, traf allerdings in der 70. Minute nur den Innenpfosten und musste acht Minuten später mit ansehen, wie Abwehrchef Thomas Cichon seinen Kopfball von der Linie kratze.

Da die Osnabrücker im Gegensatz zu anderen Spielen kaum Fehlpässe produzierten und Mathias Suhrmann im Mittelfeld ein starkes Spiel ablieferte, war der Sieg auch in dieser Höhe verdient. „Wir haben immer im richtigen Moment ein Tor erzielt“, lautete nach Abpfiff die einfache Analyse von Wollitz. Seine Mannschaft habe Moral und Leidenschaft gezeigt. Damit vergrößert der Zwölftplatzierte den Abstand zu den Abstiegsplätzen auf drei Punkte und ist zu Hause seit 27 Liga-Spielen ungeschlagen.

Wenn die Niedersachsen am kommenden Freitag zum Duell nach Offenbach reisen, treffen zwei Abstiegskandidaten aufeinander. Auch wenn dieses Spiel richtungsweisend ist, scheint sich der Weg kaum zu lohnen, weil der VfL die schlechteste Auswärtsmannschaft der Liga ist. Lediglich einen einzigen Punkt konnte man aus der Fremde bisher mitbringen. Wollitz sieht dennoch keinen Grund von seiner Hopp-oder-Topp-Spielweise abzulassen. Wenn das Publikum die Mannschaft auch in schwierigen Phasen so unterstütze wie heute, könne die Klasse gehalten werden. „Trotzdem wird es ein Ritt auf der Rasierklinge bleiben“, erwartet der Coach.HEIKO OSTENDORF