Streik auch im Advent

Die Streiks im norddeutschen Einzelhandel dauerten im Vorfeld des 2. Advent an. 2.600 Beschäftigte in Bremen Hamburg und Hannover erneut im Ausstand. Gewerkschaft Ver.di gewährt Moratorium bis zur Wochenmitte

Im Tarifkonflikt des Einzelhandels setzte die Gewerkschaft Ver.di am Wochenende ihren Arbeitskampf im Norden fort. In Bremen, Hamburg und Hannover legten einen Tag vorm 2. Advent mehr als 2.500 VerkäuferInnen, Lagerarbeiter sowie Angestellte ihre Arbeit nieder. Sie fordern mehr Lohn und Erhalt der Spätöffnungszuschläge. Heute werden die Streiks ausgesetzt, um den Arbeitgebern Zeit zu geben, die Tarifverhandlungen wieder aufzunehmen. Sollte dies nicht geschehen, werden die Streiks Ende der Woche fortgesetzt.

Der Schwerpunkt der Streiks lag erneut mit 1.400 Beschäftigten in den Hamburger Kaufhäusern und Supermärkten. Prominente Unterstützung erhielten die Streikenden auf einer Kundgebung vom Schauspieler und Verdianer Rolf Becker, der dazu aufrief, den Kampf um das Existenzminimum fortzusetzen und notfalls „das Weihnachtsgeschäft lahmzulegen“.

Inzwischen stellt sich laut Gewerkschaft der Metro-Konzern mit seinen Töchtern Real, Media-Markt und Saturn als „Blockierer einer Tarifeinigung“ heraus. „Metro geht es offenkundig darum, den Flächentarifvertrag, nach dem alle Unternehmen die gleichen Rahmenbedingungen haben und nur durch gute Beratung, Service und Qualität ihre Geschäfte machen, auszuhebeln“, sagte Hamburgs Ver.di Verhandlungsführer Ulrich Meinecke, „Stattdessen möchte Metro durch Dumpinglöhne Gewinne machen“. So hat Real jüngst im Lübecker Uni-Stadtteil einen Markt unter Umgehung der Tarifbindung durch eine spezielle „GmbH“ eröffnet, der bis 24 Uhr geöffnet hat. Die Spätschichtzuschläge von 20 bis 50 Prozent werden nicht gezahlt. Erst ab 22 Uhr gibt es für die Angestellten einen Aufschlag von zehn Prozent auf den untertariflichen Lohn.

Meinecke zeigt sich indes zufrieden, dass Ver.di heute in der Lage sei, mit einen Tabu zu brechen. Vor zwei Jahren hätte sich Ver.di in derselben Situation nicht zugetraut, „im Weihnachtsgeschäft zu streiken, da in dieser Zeit erschwerte Bedingungen herrschen“, so Meinecke. Danach sei Ver.di mit einer Lohnerhöhung von einem Prozent abgespeist worden. „Das war eine Demütigung“, sagt Meinecke. „Wir haben die Lektion verstanden.“

Auch in der Vorweihnachtszeit, wo es eigentlich heiße „geben ist seliger denn nehmen“, sei Ver.di nun handlungsfähig, so lange die Händler weiter unweihnachtlich nach der Devise handelten: „Nehmen ist seliger denn geben.“ KAI VON APPEN