Abgrenzung aus Angst vor den Wählern

FPÖ Warum Österreichs Rechte doch nicht in Sankt Petersburg waren

WIEN taz | „Interessante Themen“ würden in Sankt Petersburg diskutiert. Das fand FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache vergangene Woche auf einer Pressekonferenz, auf der er erklären musste, ob seine Partei nun ihre Teilnahme am Rechtsextremistentreffen in Russland angenommen hatte – oder nicht.

Die Verwirrung in dieser Frage hatte Straches Parteifreund Johann Gudenus gestiftet. Der Fraktionschef der Freiheitlichen im Wiener Rathaus und Russlandspezialist seiner Partei hatte ursprünglich eine Zusage abgestritten. Erst nach Bekanntwerden einer Mail vom 19. Dezember 2014 änderte er seine Strategie: Er hätte seine Zusage schlicht vergessen – und abgesagt, nachdem ihm die Teilnehmerliste des Treffens vorgelegt wurde.

„Teilnehmer wie Goldene Morgenröte, NPD und wie sie alle heißen, sind nicht unser Milieu“, so Gudenus nun bei der Pressekonferenz am Donnerstag. Die Zusicherung „Nächstes Mal kommen wir sicher“ in der Absage sei nichts weiter als eine „Höflichkeitsfloskel“ gewesen. Tatsächlich dürfte die Absage nicht zuletzt den zahlreichen Wahlen auf Landes- und Gemeindeebene geschuldet sein, bei denen die FPÖ durch extremistische Auftritte um Zuwächse fürchtet.

Der 38-jährige Johann Gudenus ist eines der umtriebigsten Mitglieder des rechtsextremen FPÖ-Flügels. Aber anders als sein Vater John, ein verurteilter Holocaust-Leugner, hütet sich der Jurist vor Wortmeldungen, die ihn rechtlich kompromittieren würden. Zimperlich in seiner Wortwahl ist Gudenus trotzdem nicht. So meldete er sich 2011 zum Thema Zuwanderung zu Wort: „Jetzt heißt es ‚Knüppel aus dem Sack!‘ für alle Asylbetrüger, Verbrecher, illegalen Ausländer, kriminellen Islamisten und linken Schreier!“

Gudenus, der während des Studiums immer wieder Sommerkurse an der Moskauer Lomonossow-Universität belegte und fließend Russisch spricht, war vor einem Jahr als Beobachter des Abspaltungsreferendums auf der Krim geladen – und fand alles höchst demokratisch. Den tschetschenischen Diktator Ramsan Kadyrow, den er 2012 besuchte, hält er für einen Ehrenmann und teilt dessen Ansichten über tschetschenische Flüchtlinge in Österreich: Es handle sich „fast ausschließlich um Asylbetrüger und Wirtschaftsflüchtlinge“, die gefahrlos zurückkehren könnten, denn in Tschetschenien gäbe es „keine Anzeichen von Krieg oder Diskriminierung“.

Die FPÖ war im Boot, als Marine Le Pen versuchte, im Europaparlament eine Rechtsfraktion zu schmieden. Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders ist ein gern gesehener Gast in Wien. Den Kontakt zu offen faschistischen Parteien wie der ungarischen Jobbik oder der deutschen NPD aber versuchen die Freiheitlichen zu meiden. Wladimir Putins autoritärer Nationalismus dagegen trifft in der FPÖ auf viel Sympathie. RALF LEONHARD