„Grund zur Besorgnis“

VORTRAG Der „Polarstern“-Expeditionsleiter Peter Lemke berichtet von seinen Reisen in die Antarktis

■ 68, ist Dipl.-Physiker und war bis 2014 Fachbereichsleiter für Klimawissenschaften am Alfred-Wegener-Institut Bremerhaven.

taz: Herr Lemke, Ihr im Oktober erschienenes Buch „Der gefrorene Ozean“ dokumentiert Ihre Winterexpedition mit dem Eisbrecher „Polarstern“ von Kapstadt bis in die Antarktis …

Peter Lemke: Nicht nur. Es enthält auch Rückblicke auf alte Expeditionen. An der ersten habe ich ja schon 1989 teilgenommen.

Und immer ist alles nach Plan gelaufen?

Nein, manche Dinge lassen sich nicht planen. Ich bin beispielsweise zwei Mal für je eine ganze Woche im Eis steckengeblieben und einmal musste ein erkranktes Teammitglied ins Krankenhaus – solche Situationen sind schon dramatisch.

Sie werden heute Abend viele Fotos der „Polarstern“-Expeditionen zeigen, aber vor allem sammeln Sie ja Daten über die Rolle der Polarmeere für das globale Klima und das lokale Ökosystem. Was tun Sie mit den Auswertungen?

Wir benötigen die Daten für unsere Klimamodelle. Wir wollen sehen, wie sich das System ändert, um daraus Vorhersagen ableiten können. Auf diese Weise war es schon den Schamanen möglich, Sonnenfinsternisse vorherzusagen.

Was zeigen Ihre Modelle – besteht Grund zur Panik?

Panik würde ich nicht sagen, aber es besteht Grund zur Besorgnis. Denn der CO2-Gehalt ist so hoch wie seit Millionen von Jahren nicht mehr.

Und der CO 2 -Anstieg ist eindeutig menschengemacht?

Ja. Während die Übergänge von Eis- zu Warmzeiten, also die Zeit, in der der CO2-Anteil gestiegen ist, rund 20.000 Jahre gedauert haben, hat der letzte Anstieg nur 200 Jahre gedauert – und der größte Teil davon in den letzten 50 bis 100 Jahren. Hinzukommt, dass die CO2-Konzentration vor der Industrialisierung in den Warmzeiten mehr als hundert ppm, das sind Teile pro Million, niedriger waren als heute. INTERVIEW: SCHN

19 Uhr, Heinrich-Böll-Stiftung, Plantage 13