Flächen-Schutz soll gesetzeswidrig sein

STADTENTWICKLUNG Der Senat verweist ein Volksbegehren gegen die Bebauung von Grünflächen an den Staatsgerichtshof – es verstoße gegen Grundgesetz, Landesverfassung und weitere Gesetze

„Dass sie das Volksbegehren ablehnen, hat Lohse schon gesagt, bevor wir den Antrag abgegeben haben“

G. Bomhoff, „Initiative für Bremen“

Der Senat hält das vorgeschlagene Ortsgesetz zum Schutz bestehender Grünflächen für gesetzeswidrig. Den Antrag auf ein entsprechendes Volksbegehren hat er am Dienstag an den Staatsgerichtshof überwiesen. Ein solches Gesetz verstoße gegen das Grundgesetz und die Landesverfassung. Zudem verletze es das Volksbegehrensgesetz und das Baugesetzbuch. Das Begehren geht zurück auf den Zusammenschluss „Initiativen für Bremen“.

5.500 Unterschriften hatten die vereinten Bürgerinitiativen dem Senat im März übergeben, 1.500 mehr als nötig. Sie wollen 99 Flächen in Bremen „von jeglichen Bauten“ freihalten, um sie „für die Erholung zu erhalten“.

Eine lange Liste samt Karte lag dem Antrag bei: Alle Bremer Parks sind darauf verzeichnet, Friedhöfe, Naturschutzgebiete, Kleingärtenbereiche oder die Fläche neben dem Huckelrieder Friedhof und der Lucie-Flechtmann-Platz in der Neustadt.

Es drohe, dass „Grün-, Erholungs- und Spielflächen weiterhin sogenannten Investoren angedient werden“, sagen die Initiativen. Bremen habe das wenigste Grün pro Einwohner, aber die höchste Luftverschmutzung, sei zudem eine der lautesten Städte Deutschlands.

Dem Justizressort reicht die kurze Begründung nicht: Für eine richtige Abwägung müsse man für jede einzelne der 99 Flächen begründen, warum diese nicht bebaut werden solle. Bei einem Eingriff in die Eigentumsrechte eines Grundstückseigentümers sehe das Baugesetz eine Interessenabwägung vor – das Volksbegehren hebele das aus.

Bausenator Joachim Lohse (Grüne) sieht das ähnlich: „Es ist ein Volksbegehren, das die Beteiligungsrechte beispielsweise der Wohnungssuchenden – verletzt“, sagte er der taz. Bei mehr als 90 der 99 Flächen komme „niemand je im Leben darauf, sie zu bebauen“ – den Bürgerpark etwa oder Knoops Park. Auf diese Weise werde suggeriert, man müsse ein Kreuz machen, um den Bürgerpark zu schützen. „Das ist aber nicht der Fall.“ Gleichzeitig müsse es möglich sein, Flächen wie die in der Gartenstadt Werdersee oder den Bahnhofsvorplatz „differenziert zu betrachten“. Das Volksbegehren trage nicht bei zu einer „notwendigen Akzeptanz für die Schaffung von dringend benötigtem neuen Wohnraum“, sagte Bürgermeister Jens Böhrnsen mit dem „Bündnis für Wohnen“.

Gerhard Bomhoff, von der „Initiative für Bremen“, ist wütend: „SPD und Grüne brüsten sich damit, die Hürde für Volksbegehren herabgesetzt zu haben. Aber jetzt kommt das erste Volksbegehren und es wird aus rechtlichen Gründen abgewiesen.“ Dabei sei es eine „politische Entscheidung“, so Bomhoff: „Dass sie das Volksbegehren ablehnen wollen, hat Herr Lohse schon gesagt, eine Woche, bevor wir den Antrag überhaupt abgegeben haben.“ Der Senat mache den Bürgern in runden Tischen Versprechen, die nicht eingehalten würden. Wenn es eine reelle Chance gebe, würde die Initiative weitermachen, so Bomhoff.  JPB/BES