Der Eloquente

Christian Pfeiffer braucht man die Sätze nicht aus der Nase zu ziehen, denn er erzählt alles von selbst. Das wird der 71-jährige einstige Kriminologie-Professor, der am heutigen Mittwoch als Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen ausscheidet, auch in den nächsten Monaten tun, nur an einem anderen Ort: In den USA wird sich der Sozialwissenschaftler und Kriminologe in Vorträgen und Evaluationen mit der Frage befassen, warum 70 Prozent der jungen US-Amerikaner die Prügelstrafe für Kindern befürworten. Die ist in 19 US-Bundesstaaten sogar Lehrern erlaubt.

In Deutschland dürfen Lehrer seit 1973, Eltern seit 2000 nicht mehr schlagen. Letzteres ist auch Verdienst von Pfeiffer, in dessen Amtszeit als niedersächsischer Justizminister das Verbot fällt, „aber natürlich habe ich das nicht allein erkämpft“, sagt der SPD-Mann. Auch am 2002 erlassenen Gewaltschutzgesetz, aufgrund dessen prügelnde Ehemänner der Wohnung verwiesen werden können, wirkte er mit.

Pfeiffer tritt unbeirrt und selbstbewusst, oft polemisch auf – wenn er etwa behauptet, das rigide Erziehungssystem der DDR habe rechtsradikaler Gewalt den Weg geebnet. Oder als er den „Kölner Aufruf gegen Computergewalt“ unterzeichnete, dem zufolge Computer-Killerspiele die Hemmschwelle jugendlicher Gewalttäter senken.

Und sein größtes Scheitern? „Die Kirche. Das war die totale Pleite“, sagt er. Aber als die Deutsche Bischofskonferenz den Auftrag zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen relativierte und die Forschungsergebnisse beeinflussen wollte, „war klar, das können wir nicht machen“.

Aber was soll’s, als Schachspieler und nimmermüder Bürgerstiftungs-Gründer ist er das Bohren dicker Bretter gewohnt. Angst hat er auch nicht: In die Wissenschaft, sagt er, sei er aus Wut über einen Professor gekommen, der in den Siebzigern sagte, Kriminalität sei erblich. „Da habe ich ihm auf 30 Seiten Fehler und Täuschungen nachgewiesen, und war sehr zufrieden.“  PS